Branche gibt sich überraschend optimistisch vor der Grünen Woche in Berlin. Allerdings machen die Energiekosten einigen Bauern zu schaffen

Berlin. Für die deutschen Bauern waren es zuletzt endlich wieder normale Geschäftsbedingungen: mit unberechenbarem Wetter wie immer und schwankenden Preisen - aber keiner akuten Krise wie einst um Dioxin im Futter oder EHEC-Keime bei Gemüse. Zur Leitmesse Grüne Woche, die an diesem Freitag beginnt, trifft sich die internationale Ernährungswirtschaft sogar einigermaßen optimistisch in Berlin. Denn kräftige globale Nachfrage trägt weiter das Geschäft. 2013 bringt der deutschen Branche zudem wichtige Weichenstellungen. Im Ringen um die künftigen EU-Agrarmilliarden naht die Entscheidung. Und die Wahlen im Bund und den großen Agrarländern Niedersachsen und Bayern entscheiden auch über den Kurs der Agrarpolitik.

Die traditionell eher vorsichtig formulierenden Landwirte sehen derzeit "tendenziell günstige Marktentwicklungen", wie es beim Deutschen Bauernverband heißt. Bei vielen pflanzlichen Erzeugnissen treffe eine eher mäßige Ernte auf gute Nachfrage, ein Zwischentief bei den Milchpreisen am Hoftor sei erst einmal überwunden. "Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft", brachte es zum Jahreswechsel Präsident Joachim Rukwied auf den Punkt, für den es die erste Grüne Woche als oberster Landwirt der Republik ist. Insgesamt rechnet der Verband in diesem Jahr denn auch mit stabilen Erlösen.

Dabei arbeiten die meisten Betriebe inzwischen auf einer soliden Basis. Nach zwei Krisenjahren konnte die Branche nun zwei gute Jahre verbuchen. Der Gewinn, der als Durchschnittseinkommen je Arbeitskraft gemessen wird, stieg 2011/12 noch einmal leicht auf 39.700 Euro nach 39.500 Euro im Jahr zuvor. Davon sind aber auch noch Investitionen zu bezahlen. Der Raiffeisenverband, der 2500 Genossenschaftsunternehmen im Agrarhandel und der Verarbeitung vertritt, bilanzierte 2012 ein Plus von rund drei Prozent auf 50 Milliarden Euro Umsatz. Positiv wirkten sich bessere Preise und lebhafte Exporte aus. Einheitlich ist die wirtschaftliche Lage aber nicht.

So gab es zum Beispiel bei Schweinehaltern, die länger als Sorgensparte galten, wieder eine spürbare Erholung. Nun bereitet es manchen Höfen aber Probleme, einen Stallumbau zu finanzieren. Denn Sauen für die Ferkelzucht müssen seit 1. Januar auf Gruppenflächen zu fünf oder sechs Tieren untergebracht werden statt wie bisher teils in Einzelboxen. Acker- und Milchbauern, die generell besser verdienen, hatten dagegen zuletzt Einbußen. Und überall schlagen höhere Kosten auf die Kalkulationen durch, etwa für Futter, Dünger, Sprit und Energie. In vielen Regionen steigen zudem die Landpreise, ob für Kauf oder Pacht.

Dies ist teils ein Effekt der Energiewende, die in vielen Dörfern nach wie vor zwiespältig gesehen wird. Für neue Stromtrassen und den Anbau von Energiepflanzen wie Raps und Mais gehen ohnehin knappe Hektar als Lebensmittelflächen verloren. Andererseits interessiert viele Bauern die Bioenergie als zweites, sicheres Standbein neben dem schwankungsanfälligen Kerngeschäft.

Gespannt blicken die Bauern nach Brüssel, wo es voraussichtlich schon beim Gipfel Anfang Februar zur Stunde der Wahrheit über die künftige EU-Finanzplanung ab 2014 kommen könnte. "Einseitige Belastungen der Landwirtschaft und der ländlichen Räume darf es nicht geben", lautet die Linie von Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) für die Verhandlungen. Allerdings müssen sich die deutschen Bauern auf leicht sinkende Direktzahlungen einstellen - und eine stärkere Kopplung an Umweltauflagen, die auch Aigner im Prinzip unterstützt.

Kritiker fordern aber eine radikalere Wende. Aufflammen dürfte zur Grünen Woche daher wieder der Grundsatzstreit, welche Richtung die Landwirtschaft einschlagen soll. Am 19. Januar haben Umwelt- und Tierschutzgruppen zu einer Demonstration in Berlin unter dem Motto "Wir haben Agrarindustrie satt!" aufgerufen. "Es werden weiter neue Megaställe gebaut, deren Förderung Fleisch beim Discounter scheinbar billig macht", kritisierte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger. Gemeinsam mahnen Politiker und Branche, dass gesunde Nahrung nicht als Schnäppchen zu bekommen sei.

Die Lebensmittelpreise in den Geschäften waren zuletzt etwas stärker als die allgemeine Inflationsrate von rund zwei Prozent gestiegen, heißt es beim Bauernverband. Eine Preisexplosion sei das doch nicht. Von einem Euro, den die Kunden im Supermarkt zahlen, landeten beim Bauern 26 Cent.