Gewerkschaft sieht wegen verzögerter Offshore-Parks Tausende Werftstellen in Gefahr

Hamburg/Hannover. Für eine schnellere und effektivere Umsetzung der Energiewende haben am Dienstag in Hannover Hunderte Werftarbeiter aus ganz Norddeutschland demonstriert. Nach Gewerkschaftsangaben kamen rund 700 Menschen zu der Kundgebung am Rande der Offshore-Konferenz des Bundeswirtschaftsministeriums. "Die Energiewende in Deutschland führt derzeit nicht dazu, dass in der Werftindustrie und andernorts neue Stellen aufgebaut, sondern dass etliche Stellen abgebaut werden", sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken, dem Abendblatt.

"Die Politik des Stillstands in der Energiewende muss aufgebrochen werden." Sollte die Politik nicht endlich handeln, wäre die Konsequenz, dass an der norddeutschen Küste keine Errichterschiffe, keine Versorgungsschiffe, keine Windräder oder Umspannplattformen mehr gebaut würden, warnte Geiken. Damit würden mehrere Tausend Arbeitsplätze vernichtet, sagte er. Die Gewerkschaft macht die Politik für den "verpatzten Start" der Energiewende verantwortlich.

Dramatisch ist die Lage bei dem insolventen Windkraftanlagenhersteller Siag Nordseewerke in Emden. Eine Transfergesellschaft wurde vom Land abgelehnt, nun bleibt noch die Suche nach einem Investor. "Wir haben kein Verständnis für die Entscheidung der niedersächsischen Landesregierung, dass keine Transfergesellschaft für die Mitarbeiter der Nordseewerke gegründet werden soll", sagte Geiken. Das Stahlbauunternehmen habe noch zehn Aufträge für mehrere Hundert Tonnen schwere, sogenannte Tripods, Fundamente für Windturbinen auf dem Meer. Auch könnten die Nordseewerke neue Aufträge hereinholen, sobald ein Investor und damit die Baufinanzierung gekört sei, sagte Geiken.

"Wir haben keine Zukunft", sagte hingegen Andreas van Dieken, der seit 43 Jahren bei den Nordseewerken arbeitet, am Rande der Kundgebung in Hannover. "Wenn das so weitergeht, dann wandert diese Zukunftstechnologie ins Ausland ab."

Auch in anderen Werften ist die Situation kaum besser. Die insolvente Volkswerft Stralsund, Teil des bisherigen Unternehmens P+S Werften, kämpft um ihr Überleben. Während die Peene-Werft in Wolgast, Schwesterwerft der Volkswerft, zum 1. Mai an die Bremer Lürssen-Werft verkauft wird, ist die Zukunft des Standorts Stralsund weiter unklar. Beschäftigte von dort sowie von Werften aus Hamburg und Bremerhaven, aus Unternehmen in Rostock, Oldenburg und Flensburg kamen deshalb zu der Kundgebung.

Kritisch ist auch die Situation der insolventen Werft Sietas in Hamburg. Sie liefert demnächst ein Errichterschiff für Offshore-Windparks an das niederländische Unternehmen Van Oord ab, wartet aber bislang vergeblich auf den erhofften Folgeauftrag für ein zweites Spezialschiff.