Übersee-Club lädt zum Jahresausblick. Fünf Unternehmenslenker wagen Prognosen: verhaltener Optimismus, aber Sorge um Hafen und Einzelhandel.

Hamburg. Erich Kästner brachte es einst auf den Punkt: "Wird's besser? wird's schlechter?, fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich." Der Frage nach der Zukunft geht der Übersee-Club schon seit 39 Jahren bei seiner Veranstaltung "Aussichten" nach. Gestern beantworteten im Hotel Atlantic fünf Experten und Unternehmenslenker, wohin die Wirtschaft 2013 steuert. Der Grundton war optimistisch, aber Sorgen bleiben.

Kritik übte Haspa-Vorstandssprecher Harald Vogelsang an der Politik: "Das Niedrigzinsniveau ist ein Problem für die gesamte Finanzwirtschaft." Zu befürchten sei ein schleichender Gelduntergang. Die Sparer seien die Dummen, während Staaten und staatlich gestützte Banken profitierten. "Wo ist eigentlich die Partei der ehrlichen Sparer und des Mittelstandes?", fragte Vogelsang. Versöhnlich war sein Ausblick für die Wirtschaft im diesem Jahr: Die Konjunktur sei robust und werde es bleiben.

Auf Wachstumskurs sieht AGA-Verbandspräsident Hans Fabian Kruse den Außenhandel: Er soll im neuen Jahr um fünf Prozent zulegen. "Die deutschen Exporte trotzen der Verunsicherung durch die Schuldenkrise", so Kruse. "Sie erweisen sich als Stabilitätsanker unserer Konjunktur." Zuversichtlich ist er vor allem für den asiatischen Raum. Den verhaltenen Optimismus teilt Siemens-Nord-Chef Michael Westhagemann für den Industrieverband Hamburg. Deutschland könne sich wegen seines sehr hohen Industrieanteils glücklich schätzen. "Die EU hat das Ziel ausgegeben, den Industrie-Anteil von europaweit 16 Prozent bis 2020 auf 20 Prozent an der Bruttowertschöpfung zu steigern. Wir liegen schon heute bei über 23 Prozent." Gefahren sieht er in steigenden Strompreisen und instabilen Energienetzen. "Wir müssen die Energiewende weitertreiben und die Netze ausbauen."

Skeptischer blickt Gunther Bonz, Eurogate-Geschäftsführer, für den Unternehmensverband Hafen Hamburg ins neue Jahr. Zwar geht er von einem leichten Wachstum der nordeuropäischen Häfen aus. Aufgrund immer größerer Schiffe könnten viele Containerriesen den Hamburger Hafen in Zukunft nur verlässlich anlaufen, wenn die Fahrrinnenanpassung rasch komme. "Der Hamburger Hafen droht vom Hauptbahnhof zum Regionalbahnhof zu werden", warnte Bonz. Die Klage gegen die Elbvertiefung werde zum Problem für den Standort. "Welches Infrastrukturprojekt wird von den Umweltverbänden eigentlich nicht beklagt?"

Ludwig Görtz erwartet im Einzelhandel ein flaues 2013, weil immer mehr Waren über das Internet vertrieben werden und zugleich die Geschäftsfläche in der Vergangenheit deutlich zugenommen hat. "Hier liegt Sprengkraft." Steigende Preise und stagnierende Einkommen verschärften das Problem. Bis 2020 sei ein nennenswertes Wachstum in der Branche nicht zu erwarten.

Vielleicht behält am Ende doch Tennessee Williams recht. "Ein Prognostiker ist ein Mann, der in lichten Momenten düstere Ahnungen hat."