Co-Vorstandschef Fitschen bezeichnet seine Beschwerde rückblickend als Fehler

Frankfurt am Main. Eigentor per Telefon: Der Co-Vorstandschef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, hat mit seinem Anruf bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) heftigen Unmut in der Politik ausgelöst. Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge betrachtet der Manager seine Beschwerde bei Bouffier über die große Razzia bei Deutschlands größter Bank in der vergangenen Woche bereits selbst als Fehler. Das habe Fitschen in seinem Umfeld geäußert.

Zuvor hatte es einen Proteststurm gegen Fitschen gegeben, weil dieser laut "Spiegel" sich bei Bouffier darüber beschwerte, dass die Razzia eine verheerende Außenwirkung für die Bank habe. Bouffier hatte erwidert, Umfang und Details der Razzia wegen Umsatzsteuerbetrugs seien Sache der Staatsanwaltschaft. Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) erklärte daraufhin im "Handelsblatt": "Niemand steht in Deutschland über dem Rechtsstaat. Herr Fitschen macht den Eindruck, dass er das nicht verstanden hat."

Fitschen hatte die Führung von Deutschlands größtem Geldhaus im Juni gemeinsam mit dem langjährigen Investmentbanking-Chef Anshu Jain übernommen. Zusammen mit dem neuen Aufsichtsratschef Paul Achleitner haben sie versprochen, es solle in Zukunft keine windigen Geschäfte mehr geben. Fitschen und Jain bauen die Bank gerade radikal um, um sie für die Zukunft fit zu machen. Doch das Haus muss noch eine ganze Reihe von Skandalen aus der Vergangenheit aufarbeiten, die sehr teuer werden könnten: Hypothekenklagen in den USA gehören ebenso dazu wie die Verstrickung in die Manipulation von Referenzzinssätzen und Steuerbetrug beim Handel mit CO2-Zertifikaten.

Experten haben deshalb Zweifel, ob mit den zwei Managern, die schon länger am Ruder sind, der Neustart der Bank gelingen kann. "Fitschen und Jain stehen nicht für einen Neubeginn ohne Hypothek", gibt Bankenprofessor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim in Stuttgart zu Bedenken. Weil viele Skandale auf das Investmentbanking zurückgehen, dürfte es nach seiner Einschätzung gerade Jain schwerfallen, Vertrauen zurückzugewinnen. "Es war die Investmentbanker-Kultur, die die Kundenbeziehungen kaputt gemacht hat."

Wegen der CO2-Affäre waren am vergangenen Mittwoch rund 500 bewaffnete Polizisten und Steuerfahnder am Hauptsitz der Deutschen Bank eingerückt. Dem "Spiegel" zufolge beschwerte sich Fitschen in einem Anruf bei Bouffier über den Einsatz und dessen verheerende Außenwirkung. Die Deutsche Bank bestätigte den Anruf, wollte sich zum Inhalt des Gesprächs aber nicht äußern. Vier Mitarbeiter der Bank sitzen in Untersuchungshaft. Wie lange, ist derzeit offen.