Air Hamburg vereinbart Kooperation mit Konkurrenten. Flotte umfasst gut 100 Flugzeuge. Verbund soll im nächsten Jahr aktiv werden.

Hamburg. Diese Art des Reisens muss der Traum aller Vielflieger sein: Keine Warteschlange an der Sicherheitskontrolle, denn hier, am General Aviation Terminal (GAT) des Hamburger Flughafens, ist man zu dieser Vormittagsstunde der einzige Fluggast. Eine luxuriöse Lounge gibt es zwar nicht, die Atmosphäre hat eher etwas von einem Sportfliegervereinshaus. Dafür sind die Wege kurz.

Vom Eingang des GAT bis zum Flugzeug sind es nicht viel mehr als 50 Meter. An der Maschine, einem schnittigen kleinen Jet vom Typ Cessna Citation XLS+, begrüßt der Kapitän den Passagier persönlich. Die Dimensionen des Fliegers - die Tragflächen befinden sich in Hüfthöhe - sind gemessen an dem üblichen Airbus- und Boeing-Linienfluggerät ebenso ungewohnt wie das Erscheinungsbild der Kabine: Nirgendwo zeigt sich graues Plastik, stattdessen gibt es Paneele mit Mahagonifurnier.

Die acht Einzelsessel, zu denen man wegen der niedrigen Decke nur mit eingezogenem Kopf gelangt, sind mit cremefarbenem Leder bezogen. Nach einer auffallend sportlichen Beschleunigung auf der Startbahn tänzelt die Citation in den bodennahen Turbulenzen stärker als "ausgewachsene" Jets, aber das legt sich schnell. Und schließlich erreicht man mit der kleinen Maschine auch Flughäfen nonstop, die von den Linienfliegern nicht bedient werden - zum Beispiel St. Moritz in den Schweizer Alpen. Mit einer Flotte von inzwischen zehn Geschäftsreiseflugzeugen ist Air Hamburg der größte Anbieter in Norddeutschland. Und jetzt hat das im Jahr 2001 zunächst als Flugschule entstandene Unternehmen eine Pionierrolle in dieser Branche übernommen: Zusammen mit sieben weiteren Privatjetbetreibern aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Belgien, Österreich, Dänemark und aus der Schweiz hat Air Hamburg die erste Flugallianz dieser Branche gegründet.

Der Verbund mit der Bezeichnung AirClub soll im nächsten Jahr aktiv werden. "Wir bauen eine gemeinsame Buchungsplattform im Internet auf", sagt Mike Ulka, Mitglied der Geschäftsleitung von Air Hamburg. "Die Kunden können sich mit wenigen Klicks anzeigen lassen, welche Jets für ihren Reisewunsch in Frage kommen, gleich mit einer Preisschätzung versehen." Dabei könne man durch die Bündelung der Kräfte wesentlich größere Vielfalt bieten: Zusammengenommen besteht die Flotte aus mehr als 100 Flugzeugen bis hin zur Boeing, mit der man die USA erreichen kann.

Mit der Gründung der Allianz wollen sich die Partner eine bessere Position in der durch Konsolidierung geprägten Branche verschaffen. "Das Geld wird nur durch intelligentes Verknüpfen von Aufträgen verdient", sagt Ulka - schließlich sollen teure Leerflüge und tagelange Standzeiten der Maschinen minimiert werden.

Zudem spielten seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 die Preise eine sehr große Rolle. Klar ist, dass der Komfort und die Flexibilität eines Business-Jets nicht billig sein können: Chartert man den kleinsten Typ von Air Hamburg für einen kurzen Flug von der Hansestadt etwa nach Baden-Baden, kostet das rund 6000 Euro. Will man mit der achtsitzigen Citation XLS+ nach Mallorca, zahlt man dafür etwa 18.000 Euro. Diese Preise gelten jedoch nicht pro Sitz. "Bei voll besetzter Maschine ist es in vielen Fällen günstiger, mit uns zu fliegen, als acht Businessclass-Tickets bei einer Airline zu buchen", sagt Ulka - ganz abgesehen davon, dass man sich lästige Wartezeiten beim Check-in oder an der Gepäckausgabe ersparen kann. Unter den Gästen von Air Hamburg sind Stars wir Shakira, Brad Pitt oder George Clooney denn auch die Ausnahme. "Unsere Kunden erwarten von uns keine goldenen Wasserhähne. Sie wollen effizient und schnell von A nach B kommen, ohne sich nach starren Flugplänen richten zu müssen", so Ulka.

Einen nicht geringen Teil des Geschäfts steuern rund 50 Hamburger Stammkunden bei. Zu ihnen gehören Reeder, die nach Rotterdam oder Antwerpen müssen. "Außerdem fliegen wir dreimal wöchentlich für einen Hamburger Konzern nach Westengland."

Immer häufiger würden die Flieger aus der Hansestadt auch von Geschäftsleuten gebucht, die vorher Kunde von NetJets waren. Das Unternehmen, das dem legendären US-Investor Warren Buffett gehört, ist zwar mit mehr als 130 Jets allein in Europa der größte Anbieter, größer als die neue Allianz. Doch der Service von NetJets sei manchen zu unpersönlich, sagt Ulka: "Unsere Kunden verstehen sich als Menschen, die im Leben etwas erreicht haben. Sie wollen nicht nur als Nummer in der Kundendatei wahrgenommen werden." Bei Air Hamburg können sich Stammgäste sogar die Piloten für ihren Flug aussuchen.

Trotz der Marktturbulenzen ist Air Hamburg in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Seit 2009 sind vier der je etwa zehn Millionen Euro teuren Citation XLS+ zur Flotte hinzugestoßen. Zu verdanken haben das die Firmengründer Floris Helmers und Alexander Lipsky einem Investor aus dem Raum Frankfurt, der ihnen inzwischen insgesamt sechs Jets finanziert hat - und dabei die in der Krise vergleichsweise günstigen Flugzeugpreise nutzte. 70 Mitarbeiter hat Air Hamburg aktuell, davon sind 45 Piloten. Zum Jahreswechsel werden zwei weitere Beschäftigte für die Einsatzplanung eingestellt.

Und auch Pläne für noch größeres Fluggerät gibt es bereits: Schon im nächsten Jahr könnte eine Embraer Legacy 650 für 14 Passagiere in Hamburg eintreffen. Sie würde den Zugang zu einem der wichtigsten Geschäftsreisejet-Märkte erleichtern, erklärt Ulka: "Nonstop-Flüge nach Dubai sind damit kein Problem."