Auf dem Hamburger Internetportal Picalook können Kundinnen via Fotoeingabe ihr Traumoutfit finden. Die Plattform ist jung - und beliebt.

Hamburg. Männer brauchen hier nicht unbedingt weiterzulesen, es geht um die typischen Herausforderungen im Leben einer Frau. Da steht die Tochter vor dem Discobesuch an Mamas Kleiderschrank, hat bereits deren Wimperntusche und Ohrringe angelegt, fehlt nur noch die Textilie. "Mama, ich brauche uuuunbedingt dein Kleid für heute Abend", dazu Schmollmund und ein Blick wie von einem Bassett, dem man gerade auf das Schlappohr getreten ist. Ergebnis: Die Mutter gibt nach, denn sonst droht Kreischalarm. Das Problem ist bekannt: Manchmal muss es eben für einen ganz bestimmten Abend ein ganz bestimmtes Outfit sein, und oft bringen die Teile, die man schon mal irgendwo gesehen hat, schnelle Abhilfe bei der Qual der Kleiderwahl.

Die beiden Hamburger Daniel Raschke, 39, und Sebastian Kielmann, 32, sind zwar Männer, haben aber die Herausforderung erkannt. Die Mutter/Freundin oder auch Heidi Klum/Sarah Jessica Parker haben eine Hose, ein Shirt oder Schuhe, die man auch haben möchte, man weiß aber nicht, wo diese Damen die Teile eingekauft haben. Auf der neuen Shopping-Plattform Picalook.com im Internet, die Raschke und Kielmann entwickelt haben, werden solche wichtigen Fragen in Sekundenschnelle beantwortet. "Bei uns lässt sich die preiswerte Alternative zum Staroutfit vom roten Teppich in wenigen Minuten selber finden", nennt Daniel Raschke ein typisches Einsatzgebiet der Internetseite.

Die Firma mit Sitz im denkmalgeschützten Industriegebäude der alten Schokoladenfabrik an der Wendenstraße ist mit der Plattform erst vor einigen Wochen online gegangen. Doch schon jetzt klicken sich jeden Tag gut 100 Surfer durch die Picalook-Einkaufswelten. Und ein großer Hamburger Versandhandelskonzern hat sich bereits an dem Start-up der Gründer beteiligt.

Das Prinzip bei Picalook ist einfach, dahinter aber steht eine anspruchsvolle Zukunftstechnologie. Die Tochter aus dem Beispiel oben könnte ihre Mutter in dem Traumkleid fotografieren, und dieses Bild bei Picalook hochladen. Das System durchsucht bei mehr als 200 Internetshops Abbildungen von gleichen oder ähnlichen Kleidern und zeigt die Fotos mitsamt dem Preis und der Einkaufsquelle in Sekundenschnelle. Oder: Der Minirock von Hollywoodstar Halle Berry in der "Gala" sieht süß aus und weckt sogleich das Haben-wollen-Gefühl. Schnell ist das Foto der Schauspielerin auf gala.com gefunden, mit der Picalook-Seite verknüpft und schon beginnt der Suchlauf. Das Ergebnis: mehrere Hundert gleiche oder ähnliche Röcke in verschiedenen Preislagen ploppen auf.

Die Treffer erlauben wiederum weitere Suchfunktionen: Die Nutzerin kann den Rock bei einem bestimmten Shop suchen, etwa Zalando, in anderen Farben oder in bestimmten Preisklassen. Einnahmequelle von Picalook sind entweder die Klicks der Kunden, welche die Shops etwa von Esprit, S. Oliver oder Otto der Suchmaschine zu verdanken haben. Oder Provisionen für Käufe, die durch Picalook angestoßen wurden. Werbung erscheint auf der Picalook-Seite bisher nicht.

Über Details und Umsatzziele ihres Geschäftsmodells schweigen sich die Gründer bisher aus, nur so viel: "Die Ähnlichkeitssuche über Bilder bringt bessere Ergebnisse als über beschreibende Suchbegriffe", nennt Daniel Raschke einen Vorteil der Picalook-Technologie gegenüber der bei Google üblichen Beschreibung. So könnten bei der Suche nach einem hochhackigen Schuh die Begriffe Pumps, High-Heels oder Stilettos für ähnliche Produkte stehen, dadurch werde die Auswahl unscharf und mühselig.

Die lernfähige Technologie haben der Jurist Raschke und der Wirtschaftswissenschaftler Kielmann, der schon während des Studiums als Programmierer arbeitete, in unzähligen durchwachten Nächten entwickelt, unter Zuhilfenahme vieler leer gegessener Pizzakartons. "Wir wollten etwas Eigenes auf die Beine stellen und nicht nur einer von vielen Onlineshops oder App-Entwicklern sein", sagt Kielmann. Der besondere Kick an der Innovation liegt in ihren unzähligen Einsatzmöglichkeiten: "Wir haben sogar Anfragen von Ärzten und Dating-Agenturen", sagt Kielmann lachend.

Denn auch Radiologen, die Röntgenbilder miteinander vergleichen oder Singles, die ihren Traumpartner nach einem Jagdschema im Internet suchen wollen, könnten von der künstlichen Intelligenz des Picalook-Programms profitieren. Derzeit beschäftigen die beiden Unternehmer vier Mitarbeiter, im nächsten Jahr sollen es doppelt so viele werden, denn demnächst wird das Angebot bei Picalook ausgebaut und auch mit einer App komplettiert. Bei der Suche nach Bewerbern beschränkt sich Picalook übrigens längst nicht nur auf Menschen aus der Shoppingwelt: Einer der klugen Köpfe des Entwicklerteams kommt von der Bundeswehr, denn beim Militär spielt die visuelle Technologie ebenfalls eine Rolle: Eine moderne Form des passiven Radars nutzt die Bilderkennung, etwa um bei einem Flottenangriff feindliche von verbündeten Schiffen zu unterscheiden. Hier dürfte dann der Punkt erreicht sein, bei dem das Thema wieder mehr Männer als Frauen interessiert.