Für Industrie- und Versicherungstitel sehen die Experten gute Perspektiven. Die Renditen von Anleihen bleiben niedrig

Hamburg. Im Zuge der vorgezogenen Jahresendrallye hat der Deutsche Aktienindex (DAX) ein weiteres Zwischenziel überwunden: Gleich in der ersten Handelsstunde knackte das Börsenbarometer am Donnerstag die Marke von 7500 Punkten und stieg auf den höchsten Stand seit Juli 2011. Damit hat der DAX seit Jahresbeginn um mehr als 25 Prozent zugelegt.

Wenn es nach den Experten der Haspa geht, wird aber auch 2013 ein gutes Börsenjahr: "Wir trauen dem deutschen Leitindex ein Kurspotenzial von bis zu 8500 Punkten zu", sagte Bernd Schimmer, Leiter der Wertpapieranalyse bei der Haspa. Einer der Gründe für den Optimismus: "Die Notenbanker haben in der Schuldenkrise die Regie übernommen." Mit der Zusicherung, unter bestimmten Voraussetzungen in unbegrenzter Höhe Staatsanleihen hoch verschuldeter Länder aufzukaufen, habe die Europäische Zentralbank (EZB) "deutlich mehr Vertrauen und Sicherheit" in der Euro-Zone geschaffen.

"Der 6. September 2012, an dem der offizielle Beschluss dazu verkündet wurde, könnte in späteren Jahren im Rückblick als Wendepunkt in der Schuldenkrise angesehen werden", sagte Haspa-Chefvolkswirt Jochen Intelmann.

Doch es spricht ein weiterer Faktor für den Aktienmarkt: "Mit den meisten festverzinslichen Wertpapieren kann man nach Abzug der Inflationsrate keine Rendite mehr erzielen, die Anleger erleiden hiermit also einen Vermögensverlust", so Schimmer.

Diese so benannte Finanzrepression werde von den Staaten betrieben, damit sie sich günstiger verschulden und die Schuldenquote schneller reduzieren können - allerdings auf Kosten der Sparer. Mit der gleichen Methode hätten sich die USA und Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg über einen Zeitraum von rund 20 Jahren entschuldet, erklärte Intelmann.

Zwar werde die Wirtschaft in Europa im kommenden Jahr voraussichtlich stagnieren, weltweit werde sich die Konjunktur aber leicht beleben. Allerdings gibt es auch Risiken für den Aktienmarkt. Ein solches Risiko ist nicht zuletzt der Haushaltsstreit zwischen Demokraten und Republikanern in den USA: Wenn sie sich nicht einigen, treten automatisch deutliche Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Kraft. "Ich gehe aber davon aus, dass man einen Kompromiss finden wird", sagte Intelmann.

Geht es an der Börse im kommenden Jahr wie erwartet weiter nach oben, dürften nach Auffassung von Schimmer Aktien der Automobilbranche sowie andere Industrie- und Chemietitel besonders stark anziehen. Sehr gute Perspektiven hätten auch Papiere des Versicherungssektors wie Münchener Rück, Swiss Re sowie Allianz. Sehr begrenztes Potenzial hätten dagegen Telekommunikationsanbieter, Versorger und Banken. Titel aus den USA seien "schon recht teuer".