Angeschlagene Fluglinie entgeht durch Zugeständnisse Insolvenz

Kopenhagen/Stockholm. Im stabilen Skandinavien galt Lohnverzicht aus Angst um den Job bisher eher als exotische Angelegenheit in fernen Ländern. Die Einigung auf einen harten "Krisenplan" bei der Fluggesellschaft SAS hat Jubel auf der einen und Bitterkeit auf der anderen Seite ausgelöst.

An Kopenhagens Börse ließen Lohnverzicht, längere Arbeitszeiten, geringere Pensionsansprüche und Stellenabbau für 15 000 Beschäftigte den Aktienkurs erst mal um 25 Prozent in die Höhe schnellen. Sprecher von Gewerkschaften dagegen stuften die Verhandlungsergebnisse mit dem SAS-Management als "ziemlich düster" ein: Dass Tarifverträge mit Pleitedrohungen ausgehebelt werden, ist für die gewerkschaftlich traditionell stark organisierten Skandinavier mit stabilem Arbeitsmarkt eine neue Erfahrung.

SAS-Konzernchef Rickard Gustafson hatte vor Beginn der Verhandlungen am Wochenende erklärt, bei einem Scheitern bekomme SAS keine dringend benötigten Bankkredite über 3,5 Milliarden Kronen (400 Millionen Euro) und stehe unmittelbar vor der Insolvenz. SAS will zusätzlich 3,5 Milliarden Kronen durch den Verkauf der profitablen norwegischen Tochtergesellschaft Widerøe und der SAS Ground Handling mit zusammen 6000 Arbeitsplätzen erlösen. 800 Stellen in der Verwaltung sollen gestrichen werden.

Das gegenüber Billigfliegern nur schwer konkurrenzfähige Traditionsunternehmen SAS hat seit zehn Jahren Schlagzeilen mit immer neuen Verlusten und immer neuen erfolglosen Sparplänen gemacht.

Von den 15 angepeilten Prozent Gehaltssenkung brachte Konzernchef Gustafson bei den Piloten zehn durch. Zudem wird ihre Arbeitszeit um acht Prozent ausgeweitet. Das deutlich geringer entlohnte Kabinenpersonal soll für die nächsten zwei Jahre auf Einkommenssteigerungen verzichten und pro Jahr durchschnittlich zwei Wochen länger arbeiten. Zudem werde das innerbetriebliche Verrentungsalter von 60 auf 65 Jahre angehoben.

Dass dergleichen ausreicht, den Bestand des 1951 gegründeten Traditionsbetriebs auf Dauer zu sichern, bezweifeln in den skandinavischen Hauptstädten die meisten Experten. "SAS muss die Kosten um 50 Prozent senken, wenn sie so billig sein wollen wie wir", stichelte Bjørn Kjos vom erfolgreichen Konkurrenten Norwegian in Osloer Medien. Kjos verwies auch darauf, dass SAS mit den geringeren Personalkosten nicht das Problem des überalterten Flugzeugbestandes gelöst habe.

Aber das selbstständige Überleben des halb staatlichen Unternehmens ist nicht mehr das oberste Ziel der Verantwortlichen. SAS sucht seit Jahren einen Partner. Die Regierungen in Stockholm, Oslo sowie Kopenhagen wollen die Staatsanteile von zusammen 50 Prozent verkaufen. Bisher aber hat niemand angebissen, auch nicht die fast stets als wahrscheinlichster Käufer genannte Lufthansa. Dennoch sei die Fluggesellschaft nun schöner geworden, sagte der Reisebranchenexperte Ole Kirchert Christensen: "Kein Zweifel, dass SAS nun attraktiver für Interessenten geworden ist."