Stromnachfrage in Südeuropa bricht wegen Konjunkturflaute ein

Düsseldorf. Der größte deutsche Energiekonzern E.on hat seine Geschäftsprognosen für die nächsten Jahre gekippt. Das DAX-Schwergewicht sorgte damit gestern trotz Milliardengewinnen im laufenden Jahr für eine Negativnachricht und schickte seinen Aktienkurs zeitweise um mehr als zwölf Prozent in den Keller. "Die Verwerfungen auf den europäischen Energiemärkten verschärfen sich schneller als jemals zuvor", klagte Vorstandschef Johannes Teyssen. Durch die Euro-Krise greife die Rezession um sich. In Deutschland müssten zudem wegen des Ökostrombooms immer häufiger Gas- und Kohlekraftwerke zurückstehen. Zwei Gaskraftwerke in Bayern und Hessen - Irsching 3 bei Ingolstadt und Staudinger 4 bei Hanau - sollen wegen mangelnder Rentabilität geschlossen werden. Teyssen treibt den Abbau Tausender Arbeitsplätze und Beteiligungsverkäufe in Milliardenhöhe voran.

Noch im Sommer schien es, als könne der größte deutsche AKW-Betreiber die Einbußen durch den beschleunigten Atomausstieg hinter sich lassen. Einmalbelastungen aus der Atomwende fielen nicht mehr an, zudem sorgten günstigere Verträge mit dem russischen Gazprom-Konzern für Entlastung. In den ersten neun Monaten legte E.on auch noch kräftig zu. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 35 Prozent auf 8,8 Milliarden Euro. Der für die Dividende nachhaltige Überschuss schoss um 155 Prozent auf vier Milliarden Euro in die Höhe. Für 2012 bleibt der Ausblick bestehen - die Gewinne sollen steigen und die Aktionäre eine Dividende von 1,10 Euro je Aktie erhalten, nachdem sie 2011 einen Euro bekommen hatten.

Doch wenn im kommenden Jahr die positiven Effekte verbucht sind, sieht es trübe aus. Bislang hatte E.on für 2013 ein Ebitda von 11,6 bis 12,3 Milliarden Euro, für 2015 von bis zu 13 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Diese Prognosen sei wohl nicht mehr erreichbar, räumte Teyssen nun ein. "In Europa und mittlerweile auch in Deutschland wächst die Wirtschaft deutlich verlangsamt, manche Teile Europas gehen in Richtung Stagnation oder gar Schrumpfung", erläuterte er. In Italien sei die Stromnachfrage um zehn Prozent eingebrochen, bei den Industriekunden in Spanien um gut sieben Prozent. "Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war in so kurzer Zeit ein so deutlicher Absatzrückgang zu beobachten", schilderte Teyssen. E.on trifft die Schwäche in Südeuropa allerdings auch besonders stark, weil der Versorger unter Teyssens Vorgänger Wulf Bernotat Milliardensummen in südeuropäischen Geschäften versenkt hat, von denen ein großer Teil abgeschrieben werden musste. "E.on hat aus unserer Sicht unter den gegenwärtigen Marktbedingungen die falschen Anlagen", schreiben die Experten der HSBC.