Weltenergie-Bericht der OECD sieht USA als neue Exportmacht

Berlin. Die neu entdeckten Schiefergas- und Öl-Vorkommen in Nordamerika werden den Weltenergiemarkt von Grund auf verändern. Das geht aus dem Weltenergiebericht 2012 der Internationalen Energie-Agentur (IEA) hervor, der gestern in London veröffentlicht wurde. "Das außergewöhnlich große Wachstum der Gas- und Ölproduktion in den USA bedeutet eine Zeitenwende für den globalen Energiemarkt", heißt es in dem Bericht. Die IEA ist ein Kompetenzzentrum der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), einem Club der Industriestaaten.

Die USA werden bis etwa 2025 zum größten Ölproduzenten der Welt vor Saudi-Arabien aufsteigen, sagen die Experten der IEA voraus. Sie rechnen damit, dass die USA sich bereits im Jahr 2035 energieautark selbst mit Öl und Gas versorgen können. Derzeit müssen die USA noch 20 Prozent ihres Energiebedarfs durch Importe decken. Weil aber auch die Maßnahmen zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs pro Fahrzeug im Verkehrssektor Wirkung entfalten, werde die USA um das Jahr 2030 herum zum Netto-Ölexporteur aufsteigen.

Durch die wachsenden Energieexporte der USA dürfte die Abhängigkeit des Westens von den ölreichen Ländern des Nahen Ostens stark abnehmen. Die IEA rechnet damit, dass im Jahre 2035 rund 90 Prozent der Ölexporte aus Saudi-Arabien und dem Nahen Osten in Richtung Asien gehen werden. "Eine neue Seidenstraße", sagte IEA-Chefökonom Fatih Birol bei der Präsentation des Berichts in London.

Vor dem Hintergrund dieser veränderten Handelsströme werde die globale Energienachfrage bis 2035 weiter steigen - um mehr als ein Drittel. Die Schwellenländer China, Indien und der Nahe Osten werden für 60 Prozent des Nachfrageanstiegs verantwortlich sein.

Die IEA geht weiterhin davon aus, dass die Energienachfrage der in der OECD zusammengeschlossenen Industriestaaten stabil bleiben wird. Fossile Energieträger werden den globalen Energiemix langfristig dominieren, glaubt die Agentur. Grund dafür seien auch hohe Subventionen auf den Benzin-, Gas-, Öl- und Kohlepreis etwa im Nahen Osten und Nordafrika.

2012 wurde der Verbrauch fossiler Brennstoffe weltweit mit 523 Milliarden US-Dollar subventioniert. Das war ein Anstieg um 30 Prozent gegenüber 2011. Die Subventionen für fossile Energieträger lagen sechsfach höher als Beihilfen für erneuerbare Energien.

Bis 2020 werde die globale Ölnachfrage um sieben Millionen Barrel pro Tag (Fass mit 159 Litern) ansteigen. Im Jahre 2035 werde die weltweite Ölnachfrage dann mehr als 99 Millionen Barrel pro Tag betragen, der Ölpreis dann in heutigen Preisen bei durchschnittlich 125 Dollar liegen.

Erneuerbare Energien können, wenn sie weiter subventioniert werden, bis 2035 mit Kohlekraftwerken als der wichtigsten globalen Stromquelle gleichziehen. Ökostrom könne dann ebenso wie Kohle ein Drittel des globalen Elektrizitätsbedarfs decken, heißt es im IEA-Bericht.