Thomas Vollmoeller, der neue Chef des Businessnetzwerks, will vor allem mit Firmenkunden mehr Erlöse erzielen

Hamburg. Vier Jahre lang pendelte Thomas Vollmoeller zwischen Hamburg und der Schweiz, in der Woche Rhein, am Wochenende Elbe, es war eine anstrengende Zeit für den gebürtigen Kieler. Und nun ist er zurück im Norden, die Wohnung in Eppendorf ist wieder Lebensmittelpunkt. "Jetzt kann ich wieder mit der Familie frühstücken", freut sich der 52-Jährige, der seit Mitte vergangenen Monats neuer Chef der Internetfirma Xing mit Sitz am Gänsemarkt ist. In seinem geliebten Hamburg verbrachte der gebürtige Kieler die längste Zeit seines Berufslebens, über Jahre arbeitete er bei Tchibo und der Unternehmensberatung McKinsey.

Zuletzt war der studierte Kaufmann Chef des Schweizer Handelskonzerns Valora mit gut 5000 Mitarbeitern. Nun unterstehen ihm bei Xing 500 Beschäftigte, ein Bruchteil, und Vollmoeller sitzt mitten im Großraumbüro unter jungen Leuten. Dafür dürften aber die Erfolgsfantasien in der Zukunftsbranche der digitalen Medien größer sein, und nachdem Vollmoeller bei Valora über Jahre einen Schrumpfkurs fahren musste, stehen bei Xing seit jeher die Zeichen auf Zuwachs.

Gestern gab Vollmoeller zum ersten Mal die Quartalszahlen des börsennotierten Businessnetzwerkes bekannt. Der Weg bei Xing führt offenbar in die richtige Richtung: Der Umsatz ist um elf Prozent auf 18,3 Millionen Euro gestiegen. Die Zahl der Mitglieder wuchs um 196 000 auf 5,9 Millionen. Beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen verzeichnete Xing einen Anstieg um drei Prozent auf 5,5 Millionen Euro. Das Unternehmen schnitt bei diesen Zahlen, die letztlich noch von Vollmoellers Vorgänger Stefan Groß-Selbeck zu verantworten sind, besser ab als von Experten erwartet. In den nächsten zwei Jahren plant Vollmoeller eine Rückkehr "in die alten Wachstumsdimensionen" und meint damit eine Steigerung der Erlöse um mehr als die nun erreichten elf Prozent. Das Ergebnis soll bis 2015 überproportional zulegen.

Als Haupteinnahmequelle dienen Xing die rund sechs Euro Monatsgebühr der 770 000 zahlenden Mitglieder. Sie können dafür komfortablere Suchfunktionen in dem Netzwerk nutzen als User mit einer Gratis-Mitgliedschaft. Vollmoeller will sich nun noch stärker auf die zahlenden Kunden konzentrieren, und ihnen mehr, auch kostenpflichtige Leistungen bieten.

Eine weitere Chance zur Erlössteigerung sieht Vollmoeller in Funktionen für Firmen auf der Suche nach Personal. Bisher gäben deutsche Unternehmen mehr als eine Milliarde Euro für Headhunter aus, aber nur 300 Millionen Euro für Stellenanzeigen. "In den USA suchen weit mehr als die Hälfte der Firmen ihre Mitarbeiter selber, über Datenbanken oder das Internet", sagt Vollmoeller und will diesen Bereich auch bei Xing ausbauen. Firmen, die umfangreiche Recruiting-Dienstleistungen bei Xing nutzen, zahlten dafür 3000 Euro im Jahr. "Bei Headhuntern kommen Sie schnell auf 15 000 Euro Provision für einen vermittelten Manager." Bei der Jobvermittlung ergibt sich also noch Luft nach oben, außerdem lenke der wachsende Fachkräftemangel das Augenmerk der Firmen stärker als bisher auf dieses Thema. Im Bereich des sogenannten eRecruitings ist allerdings auch der US-Rivale LinkedIn erfolgreich, der weltweit Marktführer ist. Vollmoeller konzentriert sich daher auf den deutschsprachigen Raum.

Bei Xing selber stehen nach einer Einstellungswelle in den vergangenen Monaten nun erst einmal die Zeichen auf Konsolidierung. Die Firma beschäftigt 400 Mitarbeiter in Hamburg, 80 in München und 20 in Barcelona.

Am Hauptsitz in der Hansestadt steht im Frühjahr 2013 ein Umzug an. Das Unternehmen verlässt die verschachtelten Büros am Gänsemarkt über der Stadtbäckerei, aus deren Eigentümerfamilie Xing-Gründer Lars Hinrichs stammt, und zieht einige Meter weiter: Auf 6000 Quadratmetern Bürofläche im neuen Metropolishaus, mit schickem Dachgarten, werden sich die Mitarbeiter bald etwas mehr ausbreiten können.

Der bereits mit 38,89 Prozent an Xing beteiligte Medienkonzern Burda hat den bisherigen Aktionären ein Pflichtangebot unterbreitet, um die Mehrheit am Hamburger Internetunternehmen zu übernehmen. Der Konzern plant aber nach eigenem Bekunden weder, die Gesellschaft von der Börse zu nehmen, noch eine Veränderung der Strategie bei Xing, noch einen Wechsel im Vorstand. Drei der sechs Sitze im Aufsichtsrat bei Xing sind bislang von dem Großaktionär besetzt. Nachdem der Aktienkurs von Xing zuletzt etwas unter der Schwäche der Internetwerte nach dem Facebook-Börsengang gelitten hatte, liegt er jetzt bei gut 43 Euro, knapp unter dem Wert von 44 Euro, den Burda geboten hatte.