Niedrige Zinsen werden langfristig für viele Anbieter gefährlich

Berlin. Die deutschen Lebensversicherer steuern wegen der extrem niedrigen Zinsen für Kapitalanlagen in schwieriges Fahrwasser. Allerdings wies die Branche gestern Berichte zurück, dass immer mehr Unternehmen ihren Kunden den Garantiezins von 1,75 Prozent nicht mehr zahlen könnten. Der Bund der Versicherten warnte ebenfalls vor Alarmismus. Einige Versicherer würden aber bereits versuchen, ihre Kunden zum Ausstieg aus Altverträgen mit Garantiezinsen von bis zu vier Prozent zu bewegen. Das Bundesfinanzministerium schließt in einem Szenario für den Bundestag nicht aus, dass einzelne Versicherer langfristig in Schwierigkeiten kommen könnten.

Bei einem anhaltend niedrigen Leitzins von derzeit 0,75 Prozent wird es langfristig für Versicherer immer schwerer, mit ihren Anlagen am Kapitalmarkt den gesetzlichen Garantiezins zu erwirtschaften. So bringen die in der Euro-Krise als besonders sicher geltenden zehnjährigen deutschen Bundesanleihen nur noch knapp 1,4 Prozent Rendite. Noch sitzen die Versicherer zwar auf alten Kapitalanlagen, die deutlich mehr abwerfen. Nach ihrem Auslaufen müssen sie aber ersetzt werden.

In dem Papier des Finanzministeriums heißt es, nach einer Untersuchung der staatlichen Aufsichtsbehörde BaFin im Jahr 2011 bringe eine anhaltende Niedrigzinsphase alleine bis 2018 keinen Lebensversicherer in Schwierigkeiten. Allerdings könne bei einer "signifikanten Anzahl der Unternehmen" die Risikotragfähigkeit sinken, warnen die Beamten. Denn sie müssen bis 2020 auch noch eine Zinszusatzreserve von insgesamt 61 Milliarden Euro aufbauen: "Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Unternehmen künftig in Schwierigkeiten geraten können." Gefährlich werde es ab etwa 2018, und zwar für das "schwächste Fünftel" der Unternehmen.

Davon ist die Branche nach eigener Darstellung jedoch noch weit entfernt. "Wir können nicht bestätigen, dass einzelne Versicherungsunternehmen erwägen, bei der Finanzaufsicht BaFin die zeitweise Aussetzung der garantierten Zinszahlungen an ihre Kunden zu beantragen", erklärte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): "Die Meldung, dass immer mehr Lebensversicherer den Garantiezins nicht mehr in voller Höhe zahlen können, ist falsch." Dies hatte die "Bild"-Zeitung berichtet. Der Branchenprimus Allianz Leben erklärte, die durchschnittliche garantierte Verzinsung der bestehenden Verträge liege bei 3,2 Prozent. 2011 habe man eine Verzinsung der Kapitalanlagen von 4,6 Prozent erreicht; selbst bei Neuanlagen komme man im Schnitt auf 4,0 Prozent Rendite. Die BaFin habe zudem erst vor Kurzem bestätigt, dass die Lebensversicherer ihre Verpflichtungen auch in einer extremen Niedrigzinslage noch "etliche Jahre" erfüllen könnten.