Internethändler Frontlineshop expandiert mit legerer, individueller Mode ins Ausland. Umsatz soll sich verdoppeln

Hamburg. Die Fashionshow für Blogger und Facebook-Fans soll heute Abend steigen. Eine alte Industriellenvilla an der Osdorfer Landstraße haben die Mitarbeiter des Onlinehändlers Frontlineshop extra dafür angemietet. Models in Frühlingsoutfits von Adidas, Carhartt, Levi's oder Roscoe werden dann über den Laufsteg marschieren - live übertragen ins soziale Netzwerk.

"Es ist wichtig, unseren Fans ab und an solche Events zu bieten, um sich vom Wettbewerb abzuheben und unser Profil zu schärfen", sagt der Gründer von Frontlineshop, Torsten Lange. Aus diesem Grund lässt er auch hin und wieder sogenannte Pop-up-Stores in Hamburg oder Berlin entstehen - reale Geschäfte auf Zeit, in denen die Kunden neue Pullover oder Blusen auch direkt vor Ort anprobieren können. Einkaufen wie einst als besondere Aktion für die Internetgemeinde.

Es sind Konzepte wie diese, mit denen sich Frontlineshop in den vergangenen Jahren zu einem der führenden Anbieter für sportliche und legere Mode in Europa gemausert hat. Streetfashion nennt sich das heute. Betont lässig und entspannt sitzt auch der Chef des Onlinehändlers in der Unternehmenszentrale, einer alten Fischfabrik am Museumshafen Oevelgönne. Schlichte, moderne Möbel bilden hier einen scharfen Kontrast zu den verwitterten Wänden. Die Mitarbeiter tragen Kapuzenshirts, Sneakers und Strickjacken, die sie auch den 350 000 Kunden der Plattform empfehlen würden.

Torsten Lange erscheint ganz in dunkelblauem Jeansstoff, eine große Brille dominiert sein Gesicht mit dem grau melierten Bart. Mit Frontlineshop will er jetzt zum ganz großen Sprung ansetzen. Nach einem Umsatzzuwachs von 20 Prozent in diesem Jahr sollen sich die Erlöse künftig mehr als verdoppeln und an der 100 Millionen-Euro-Grenze kratzen. "In den nächsten drei Jahren wollen wir uns im dreistelligen Bereich bewegen", sagt der Gründer.

Um dies zu erreichen, hat Lange den Internetauftritt seines Unternehmens komplett überarbeiten lassen. Rund 40 zusätzliche Mitarbeiter sind in diesem Jahr in der Zentrale hinzugekommen, in der jetzt rund 120 Menschen beschäftigt sind.

Gedruckte Kataloge, auf die Frontlineshop zuvor noch setzte, wurden komplett abgeschafft, die Präsentation der Mode soll mit größeren, aufwendigeren Fotos und interaktiver Beratung jetzt ausschließlich im Netz stattfinden. "Wir wollen mehr Hintergrundinfos über neue Trends und Stilrichtungen geben", sagt Lange. In wenigen Tagen soll das neu gestaltete Portal voraussichtlich online gehen.

Mit der neuen Seite sieht sich Frontlineshop nun auch für die Expansion im Ausland gewappnet. "Bislang stammen unsere Kunden überwiegend aus Deutschland", sagt Lange. "Im kommenden Jahr werden wir aber auch eine englischsprachige Seite starten, um damit Kunden in den Niederlanden, Belgien und im skandinavischen Raum anzusprechen."

Allerdings bedeutet die Ausweitung des Geschäftsmodells auch eine erhebliche Kraftanstrengung für das Hamburger Unternehmen. Die hohen Investitionen haben Frontlineshop zwischenzeitlich in die roten Zahlen gedrückt. "Bis Mitte 2013 wollen wir die Gewinnschwelle erreichen", sagt Lange. Vor rund zwei Jahren hat sich der Chef den Finanzinvestor Acton Capital mit ins Boot geholt, der den Umbau ganz wesentlich unterstützt.

Es ist bei Weitem nicht der erste Wandel, den Lange seinem Unternehmen in der mehr als 25-jährigen Geschichte verordnet hat. Anfangs importierte der Chef schwer erhältliche Musik aus dem Punk- und Hardcorebereich nach Deutschland. Erst Mitte der 90er--Jahre stieg er auf Mode um, weil das Musikgeschäft aufgrund von Raubkopien langsam in die Krise schlitterte. Im Jahr 2009 verlegte Lange die Firmenzentrale von Hannover nach Hamburg, weil sich hier das passende Personal für das wachsende Onlinegeschäft finden ließ.

Heute muss sich Frontlineshop auf die immer härteren Preis- und Verteilungskämpfe im Internet einstellen. Branchenfremde Universalisten wie der US-Konzern Amazon und aggressive Newcomer wie Zalando drängen ebenso in das Onlinegeschäft mit Mode wie stationäre Händler, die ihre eigenen Läden um Internetshops ergänzen. "Category Killer" nennt Lange Firmen wie den Berliner Wettbewerber, der angetreten ist, ganze Sortimentsbereiche wie etwa Schuhe für die Konkurrenz unattraktiv zu machen und an sich zu reißen.

"Wir bedienen nicht den Massenmarkt, sondern wenden uns an eine klar umrissene Zielgruppe, die einen bestimmten Kleidungsstil bevorzugt", grenzt sich Lange von den Wettbewerbern ab. Durchschnittlich 28 Jahre ist der typische Frontlineshop-Kunde alt, lebt bevorzugt in der Großstadt und ist - untypisch für das Onlinegeschäft mit Mode - eher männlich als weiblich.

Ihm will Lange einen größtmöglichen Service beim Einkauf im Netz bieten, auch eine individuelle Größenberatung ist künftig denkbar, die auf Angaben über die Lieblingskleidungsstücke der Kunden basiert. Das ist nicht nur ein Vorteil für die Besucher der Internetseite, sondern könnte auch dabei helfen, die Retourenquote des Unternehmens zu senken, die derzeit bei gut 40 Prozent liegt. Zurückgeschickte Artikel gehören bei allen Versendern zu den größten Kostenfaktoren, die über Erfolg oder Untergang eines Geschäftsmodells entscheiden können.

"Den Preiskampf mit den Massenanbietern können wir nicht gewinnen", sagt Lange. "Wir sind aber besser bei den Themen Styling, Emotionalisierung und Qualität."