Sparkassen-Präsident Fahrenschon und Haspa-Chef Vogelsang über richtige Geldanlagen, Euro-Krise und Immobilienboom.

Hamburg. Pünktlich zum Weltspartag am heutigen Dienstag traf das Abendblatt den Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands Georg Fahrenschon und Haspa-Chef Harald Vogelsang zum Interview. Die beide mächtigen Banker sprachen über die Verschuldungskrise in Europa, aber auch über ihr erstes Sparbuch.

Hamburger Abendblatt: Herr Fahrenschon, haben Sie noch ein klassisches Sparbuch?

Georg Fahrenschon: Ja, selbstverständlich. Meine Kinder übrigens auch. Letztlich steht ein Sparbuch für Sicherheit und Stabilität - in der heutigen Zeit ist das für die Sparer sehr wichtig.

... und Sie, Herr Vogelsang?

Harald Vogelsang: Ich habe von meiner Großmutter zur Geburt ein Haspa-Sparbuch geschenkt bekommen und das habe ich immer noch. Mir wurde das Sparen also sozusagen in die Wiege gelegt. Und auch bei der Haspa spielt das Sparbuch immer noch eine ganz wichtige Rolle. Wir haben allein 84 000 Mäuse-Sparbücher für Kinder mit einer höchst attraktiven Verzinsung. Schließlich ist schon in der Satzung der Haspa festgelegt, dass wir den Sparsinn der Hamburger fördern.

Erlebt das Sparbuch eine Renaissance?

Vogelsang: Das kann man auf jeden Fall sagen. Die Kunden schauen genauer auf das Risiko ihrer Geldanlage als früher. Nach unserer neuesten Umfrage haben 59 Prozent der Hamburger ein Sparbuch. Vor wenigen Jahren hat die Dresdner Bank noch mit dem Spruch geworben: Omas Sparbuch ist tot. Wie wir alle wissen: Die Dresdner Bank gibt es nicht mehr, das Sparbuch aber schon.

Weniger riskante Anlagen bedeuten auch geringere Margen für die Sparkassen. Spüren Sie die neue Lust der Kunden nach Sicherheit in Ihren Büchern?

Vogelsang: Fakt ist, dass die Zinsüberschüsse bei allen Geldhäusern rückläufig sind. Das liegt aber weniger an der geringeren Risikobereitschaft der Kunden als an der politisch verordneten Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Hier muss es einen Wandel geben.

Herr Fahrenschon, Sie haben jüngst auf eine Überhitzung der Immobilienmärkte hingewiesen. Gibt es eine Immobilienblase, die zu platzen droht?

Fahrenschon: Nein, es gibt keine Immobilienblase in Deutschland. Es hat aber in einigen Teilen großer Ballungsräume Überhitzungen gegeben. Das Problem sind jedoch nicht die privaten Hauskäufer. Mittlerweile haben auch ausländische Investoren den deutschen Immobilienmarkt als lukrative Geldanlagemöglichkeit entdeckt. Das treibt mancherorts die Preise nach oben.

Wo genau gibt es eine Überhitzung?

Fahrenschon: Als Münchner fällt mir da natürlich sofort Schwabing ein.

Haben wir eine Immobilienblase in Hamburg?

Vogelsang: Nein, eine Immobilienblase sehe ich nicht. Häuser und Wohnungen in Hamburg sind teuer, der Markt ist aber nicht überhitzt. Im Vergleich zu den Ballungsräumen Rhein-Main und München sind die Preise bei uns sogar noch relativ niedrig.

Kurz zurück zum Sparen. Für die Altersvorsorge dürfte das Sparbuch nicht das richtige sein. Was empfehlen Sie hier?

Vogelsang: Auch das geht mit dem Sparbuch. Zielsparen kann man mit Laufzeiten von bis zu 25 Jahren, man bleibt aber trotzdem recht flexibel, weil man problemlos kündigen kann. Daneben gibt es geförderte Produkte wie die Riester-Rente sowie die klassische Lebensversicherung. Aus meiner Sicht viel zu wenig genutzt werden Aktiensparpläne. Generell gilt: Je früher man damit anfängt, umso attraktiver wird es.

Fahrenschon: Genau an diesen grundlegenden Finanzfragen je nach Lebensphase hat sich die deutsche Sparkassenorganisation immer orientiert: zunächst Lebensrisiken absichern, dann bei der Vorsorge unterstützen und größere Anschaffungen finanzieren und dann an die Altersvorsorge denken. Hier ist die selbst genutzte Immobilie ein hervorragendes Instrument.

Aus Brüssel kommen neue Herausforderungen auf die Sparkassen zu. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?

Fahrenschon: Wir sind für eine bessere Bankenaufsicht in Europa. Aber die Sparkasse an der Ecke war nicht für die Finanzkrise verantwortlich. Dem muss die neue Aufsichtsarchitektur Rechnung tragen. Darum müssen die großen und die Investmentbanken, die mit hohen Risiken agieren, stärker im Fokus stehen als Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken. Außerdem kann es nicht sein, dass die Sicherungsmittel von deutschen Instituten, die solide und regional verankert arbeiten, für ausländische Banken mit herangezogen werden. Darum kämpfen wir gegen eine europäische Einlagensicherung.

Wie beurteilen Sie das Krisenmanagement auf europäischer Ebene?

Fahrenschon: Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass die Europäische Zentralbank in die Rolle der Feuerwehr gedrängt worden ist, um einen Zusammenbruch des europäischen Finanzsystems zu verhindern. Aber es ist nicht die Aufgabe der Feuerwehr, ein Haus wiederaufzubauen, wenn der Brand gelöscht ist. Wie bei einer Unternehmenssanierung oder bei einer Privatinsolvenz muss es darum gehen, die Altschulden der Staaten zu reduzieren.

Wie kann das erreicht werden?

Fahrenschon: Einem ohnehin schon Überschuldeten hat es auf Dauer noch nie geholfen, ihm weitere Kredite zu geben. Europa muss wieder zurück auf Start - und die Maastricht-Kriterien waren ein guter Ausgangspunkt. Wir müssen danach streben, dass in keinem Euro-Land die Staatsverschuldung mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung beträgt. Die Idee des Sachverständigenrates, alle darüber hinaus gehenden Schulden in einen Tilgungsfonds einzubringen, kann dafür ein sinnvoller Ansatz sein.

Vogelsang: Mit dem Geld, das die EZB in die Märkte schießt, werden keine grundlegenden Probleme gelöst. Man hat die Lage stabilisiert, aber auf dem Rücken von Millionen Sparern und Versicherungskunden, die unter den extrem niedrigen Zinsen leiden. Die Deutschen sind nun einmal Sparweltmeister, und ich finde es bei aller Solidarität nicht richtig, dass hier eine schleichende Enteignung stattfindet. Wer spart, muss dafür belohnt werden. Sonst setzt man die falschen Signale - ebenso wie Werbung, die junge Menschen verlockt, sich über einen Ratenkauf Dinge zu gönnen, die sie sich eigentlich nicht leisten können.

Wird die Euro-Zone in fünf Jahren noch aus den gleichen Mitgliedern bestehen wie heute?

Vogelsang: Ich hoffe nein, weil ich mir wünsche, dass leistungsfähige Länder wie etwa Polen hinzukommen.

Herr Fahrenschon, was halten Sie davon, dass deutsche Politiker - auch aus Ihrer Partei, der CSU - Griechenland nahelegen, die Währungsunion zu verlassen?

Fahrenschon: Solidarität ohne Solidität kann es nicht geben. Ob Griechenland in der Währungsunion bleibt, ist eine Entscheidung, die die Griechen selbst zu treffen haben.

Wie hat sich das Geschäft der Haspa in diesem Jahr bisher entwickelt? Ist die Mitarbeiterzahl weiter gewachsen?

Vogelsang: Bei der Zahl der Kunden und den Einlagen verzeichnen wir weitere Steigerungen. Wir glauben derzeit, dass 2012 ein Jahr wird, mit dem wir zufrieden sein können. Die Zahl der Mitarbeiter ist weitgehend unverändert.

Hat sich der Boom bei den Immobilienfinanzierungen fortgesetzt?

Vogelsang: Es gibt unverändert eine starke Nachfrage nach Baufinanzierungen, wir liegen dabei nahezu auf dem Niveau des Vorjahres. Das betrifft private Eigenheime wie auch gewerbliche Finanzierungen.

Herr Fahrenschon, wie beurteilen Sie die Bestrebungen der Haspa Finanzholding, über Minderheitsbeteiligungen stärker in Schleswig-Holstein aktiv zu werden?

Fahrenschon:

Es ist natürlich nicht unsere Traumvorstellung, dass sich eine Sparkasse an anderen beteiligt. Man muss aber auch sehen, dass es dort einen gewissen Bedarf und Nachfragen gab. Da sind wir dankbar, dass die Haspa Verantwortung übernommen hat. Jedenfalls schätze ich das große Engagement von Herrn Dr. Vogelsang für die Sparkassenidee und freue mich, dass er sie auch in Schleswig-Holstein weiter voranbringen will.