Offenburger Mediengruppe bietet Aktionären des Hamburger Businessnetzwerks Xing rund 147 Millionen Euro. Aktie legt zu.

Hamburg. Die traditionelle Medienwelt engagiert sich immer stärker in der digitalen Wirtschaft. Axel Springer erzielt bereits mehr als die Hälfte seiner Werbeerlöse im Netz, die Sendergruppe ProSieben Sat.1 hat Internetfirmen gekauft wie den Online-Wetterdienst Wetter.com und das Reiseportal Reise. com. Nun will sich auch Burda verstärkt in dem Zukunftsmarkt engagieren und sich die restlichen Anteile am Businessnetzwerk Xing einverleiben. Zu Burda gehören bereits Internetseiten wie Tomorrow Focus und Holiday Check. Der Verlag aus Offenburg setzt schon heute mit digitalen Angeboten mehr um als mit seinen Printprodukten wie "Focus", "Bunte" oder "Playboy".

Burda hatte seinen Xing-Anteil kürzlich bereits von 29,43 auf 38,89 Prozent ausgebaut, teilte der Konzern mit. Damit werde ein Pflichtangebot für die restlichen Anteile fällig. Für die verbliebenen 3,3 Millionen Xing-Aktien will Burda 44 Euro je Aktie - und damit 147,3 Millionen Euro auf den Tisch legen. Die Xing-Aktie schoss am Freitag um rund 18 Prozent auf gut 44 Euro in die Höhe. Die Privatbank Berenberg beließ die Einstufung für Xing nach dem Übernahmeangebot von Burda auf "Buy" mit einem Kursziel von 51 Euro. Die Offerte von 44 Euro je Xing-Aktie sei zu niedrig, so Analystin Sarah Simon. Das Karrierenetzwerk wäre damit deutlich unterbewertet.

Xing-Sprecher Marc-Sven Kopka kündigte an, dass der Vorstand der Xing AG fristgerecht Stellung beziehen werde. "Bereits heute können wir sagen, dass wir mit Burda stets einen guten strategischen Investor hatten und uns freuen, dass das auch künftig der Fall sein wird", fügte Kopka hinzu. Er wies darauf hin, dass Burda nach eigener Darstellung keine "grundsätzlichen Veränderungen des Geschäfts oder der Gremien" plane. Bei Xing, das rund 500 Mitarbeiter beschäftigt, davon mehr als drei Viertel in Hamburg, ging zudem gerade ein Chefwechsel über die Bühne. Für den früheren Ebay-Deutschlandchef Stefan Groß-Selbeck kam Mitte Oktober Thomas Vollmoeller, zuvor Vorstandschef der Schweizer Logistik-Holding Valora. Das Hamburger Online-Netzwerk unterstützt berufliche und geschäftliche Kontakte und hat dazu Angebote für Personalsuche und Stellenvermittlung entwickelt.

Das Karriere-Netzwerk hatte zur Jahresmitte 12,4 Millionen Mitglieder und damit gut elf Prozent mehr als vor einem Jahr. Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf dem deutschsprachigen Raum. In der Vergangenheit war eher der größere US-Rivale LinkedIn, der weltweit aktiv ist, als möglicher Interessent für Xing gehandelt worden.

Xing verdiente im zweiten Quartal 2,07 Millionen Euro bei 18,19 Millionen Euro Umsatz. Rund zwei Drittel der Erlöse machte Xing dabei mit kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaften. Zuletzt gab es 793 000 zahlende Kunden. "Es wird aber schwierig sein, Neukunden zu gewinnen oder mehr Mitglieder für die kostenpflichtigen Abos zu begeistern", schätzt Jochen Reichert von der Privatbank M.M. Warburg. Der Analyst geht daher von einem weiterhin gebremsten Wachstum bei Xing aus.

Für das Businessnetzwerk, das 2003 von dem Hamburger Lars Hinrichs gegründet worden, 2006 an die Börse gegangen und im September 2011 in den TecDAX aufgestiegen war, kommt das Übernahmeangebot in einer bewegten Zeit: Zuletzt zogen die Umsätze gegenüber dem Vorjahr nur noch um gut zehn Prozent an. Der Gewinn war zurückgegangen. Auch die Aktie geriet unter Druck. Allerdings hatten die Werte der Internetpapiere im Sog des enttäuschenden Börsengangs von Facebook nachgegeben, sodass sich Insider schon die Frage stellten, ob es eine weitere Internetblase geben werde.

Das sieht Xing-Gründer Lars Hinrichs, der sich vor einigen Jahren aus der Führung der Firma zurückgezogen hat, offenbar anders: Der Unternehmer ist an einer ganzen Reihe von Start-ups in der Szene beteiligt und hilft Gründern in der schwierigen Anfangsphase mit Geld und Managementunterstützung.