Ex-Verkäuferinnen der Kette gehen mithillfe der Hamburger Arbeitsagentur neue Wege

Hamburg. Mit Erotik hatte die frühere Arbeit von Britta Wandschneider eher wenig zu tun. Sechs Jahre saß die Hamburgerin bei Schlecker in Lokstedt an der Kasse, räumte Shampoos und Deos in die Regale und gab auch mal den einen oder anderen Schminktipp. Zeit für Beratung blieb allerdings wenig, meist musste die Verkäuferin alles selbst erledigen und zwischen Kasse und Kundinnen hin- und herspringen. Nicht gerade ein Traumjob.

"Noch Anfang des Jahres habe ich mit meiner Filialleiterin rumgealbert", erinnert sich die 43-Jährige. "Wenn der Schlecker mal pleitegeht, dann machen wir zusammen ein Erotikgeschäft auf." Ein Spleen war das, eine fixe Idee. Doch mittlerweile ist die größte deutsche Drogeriekette Geschichte - und Britta Wandschneider will Anfang kommenden Jahres tatsächlich ein Dessous- und Erotikgeschäft aufmachen. An Frauen soll sich der neue Laden wenden und geschmackvolle, erotische Mode im Angebot haben. "Nichts Anstößiges", betont Wandschneider.

Vor ihrem Schritt in die Selbstständigkeit besorgt sich die ehemalige Schlecker-Angestellte nun allerdings erst mal das nötige betriebswirtschaftliche Rüstzeug. Zusammen mit einem guten Dutzend anderer Kolleginnen drückt sie derzeit wieder die Schulbank. Jeden Tag von 8 bis 16 Uhr treffen sich die Damen bei einem Bildungsträger am Berliner Tor und büffeln für ihren Abschluss als Einzelhandelskauffrauen. Denn obwohl sie langjährige Berufserfahrungen in der Drogeriebranche haben, verfügen die Ex-Beschäftigten oft nicht über die entsprechende offizielle Qualifikation.

Britta Wandschneider hat beispielsweise Friseurin gelernt und rutschte erst später in die Anstellung bei Schlecker hinein. "Der Abschluss als Einzelhandelskauffrau gibt mir die nötige Sicherheit für die Selbstständigkeit", sagt sie. Weil ihre Vorerfahrungen groß sind, kann sie den Abschluss zudem in einem echten Turboverfahren nachholen. Gerade einmal zehn Wochen dauert die Vorbereitung auf die Prüfung. Die Kosten dafür trägt die Hamburger Agentur für Arbeit.

Auch Wandschneiders ehemalige Kollegin Britta Krömer, 35, hat sich dazu entschlossen, nach dem Ende der Drogeriekette noch einmal ihr Wissen aufzubessern. "Von der Warenbestellung über die Kasse bis hin zur Beratung haben wir bei Schlecker ja alles gemacht", sagt die ehemalige Filialleiterin, die ursprünglich mal Zahnarzthelferin lernte. "Nur das theoretische Wissen ist zu kurz gekommen." Nun lernt sie Kalkulation und Rechnungswesen und vertieft sich in rechtliche Themen wie etwa die Frage, wann ein Kaufvertrag zustande gekommen ist.

Für Britta Krömer ist der Abschluss zur Einzelhandelskauffrau wichtig, um auch künftig wieder als Filialleiterin in einer Drogeriekette arbeiten zu können. Das Angebot von einem potenziellen Arbeitgeber hat sie bereits, doch dazu braucht sie nun auch die entsprechenden Papiere.

Insgesamt haben die meisten der 167 Hamburger Schlecker-Frauen, die durch die Insolvenz der Drogeriekette ihren Job verloren, mittlerweile wieder einen Arbeitsplatz gefunden oder befinden sich in einer Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme. Die meisten sind wieder im Einzelhandel gelandet, eine bildet sich zur Steuerfachgehilfin weiter. 57 sind nach Angaben der Agentur für Arbeit noch ohne Anstellung.

Auf wenig Gegenliebe stieß übrigens der Vorschlag von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die betroffenen Angestellten könnten sich zu Erzieherinnen umschulen lassen und so den Ausbau der dringend benötigten Kita-Plätze unterstützen. Auch das Angebot der Hochbahn, die Damen zu Bus- oder U-Bahnfahrerinnen weiterzubilden, erwies sich als Flop.