Hamburg/Karlsruhe. In ihrer Klagewelle gegen deutsche Lebensversicherer ist die Hamburger Verbraucherzentrale sehr erfolgreich. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte gestern die Klauseln zur Kündigung bei Kapitallebens- und Rentenversicherungen des Versicherers Generali für unwirksam (Az. IV ZR 202/10). "Versicherte haben damit Anspruch auf die Rückerstattung nicht ausgezahlter Beiträge", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Bereits im Juli war ein ähnliches Urteil gegen den Deutschen Ring ergangen, das ebenfalls die Verbraucherzentrale Hamburg angestrengt hatte. Weitere Verfahren in dieser Sache sind beim BGH gegen die Allianz und Ergo noch anhängig.

Die Richter bezogen sich gestern ausdrücklich auf das Urteil vom Juli 2012. Danach sind die Versicherungsbedingungen zur Verrechnung der Abschlusskosten und zum Stornoabzug unwirksam. Diese Regelungen führen dazu, dass die Versicherten bei vorzeitiger Kündigung des Vertrags nur einen geringen Teil ihrer Einzahlungen oder mitunter auch nichts zurückerhalten. "So werden mehr als 75 Prozent aller auf 30 Jahre abgeschlossenen Verträge vorzeitig beendet", sagt Andreas Oehler von der Universität Bamberg. Bei 20 Jahren Laufzeit halte nur jeder Zweite bis zum Ende durch.

Für die Generali kam das Urteil offenbar nicht überraschend. "Wir begrüßen, dass es jetzt für die Kunden Rechtssicherheit gibt", sagte eine Sprecherin der Versicherung. "Für Einzelheiten müssen wir die schriftliche Urteilsbegründung abwarten." Um mögliche Ansprüche anzumelden, müssten sich die Kunden selbst an die Versicherung wenden.

Die Hamburger Verbraucherschützer raten auch Kunden von anderen Gesellschaften, Ansprüche anzumelden, wenn sie eine Lebens- oder Rentenversicherung vorzeitig gekündigt haben. "Im Prinzip haben alle Versicherer diese Klauseln verwendet", sagt Castelló. Betroffen sind Verträge, die zwischen 2001 und 2007 geschlossen und inzwischen gekündigt wurden oder noch werden. "Wir rechnen mit einer durchschnittlichen Nachzahlung von 500 Euro pro Vertrag", sagt Castelló. Insgesamt drohen den Versicherern Forderungen in Höhe von zwölf Milliarden Euro, schätzen die Verbraucherschützer. Ein Teil der Forderungen dürfte allerdings schon verjährt sein. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab Ende des Jahres, in dem der Vertrag gekündigt wurde. "Rückerstattungsansprüche eines im Jahr 2009 gekündigten Vertrages verjähren also bereits Ende 2012", rechnet Castelló vor. Auf der Internetseite www.vzhh.de der Verbraucherzentrale finden Betroffene einen Musterbrief, um Rückerstattungsansprüche geltend zu machen.