Investorenlegende George Soros sieht den Austritt der Bundesrepublik als Lösungsweg in der Krise

New York/Berlin. Der amerikanische Großinvestor George Soros schlägt eine radikale Lösung der Euro-Schuldenkrise vor: den Austritt Deutschlands aus der Euro-Zone. Sollte die größte Ökonomie die Währungsunion verlassen, "würde sich das Problem in Luft auflösen", sagte Soros. In dem Fall würde der Euro kräftig an Wert verlieren und sich die Zinsen der dramatisch verschuldeten Staaten anpassen. Dies würde den Ländern wieder Luft zum Atmen geben.

Nach Ansicht des einflussreichen Investors steckt die Euro-Zone momentan in einem Albtraum, aus dem nur rasche und radikale Entscheidungen herausführen würden. "Die Gefahr ist groß, dass das Missmanagement um den Euro das gesamte Projekt Europa zerstört", warnte Soros. "Jetzt ist es an Deutschland zu entscheiden, ob es im Euro bleibt und mehr Verantwortung übernehmen will oder nicht. Wenn es den schwachen Ländern nicht helfen will, sollte es rasch austreten", sagte Soros.

Die Stimme des Meisterspekulanten hat durchaus Gewicht. Mit einem geschätzten Privatvermögen von 19 Milliarden Dollar (14,6 Milliarden Euro) steht Soros auf Rang 22 der "Forbes"-Liste der reichsten Menschen der Welt. Er gehört zu den Pionieren und Starinvestoren in der mittlerweile auf zwei Billionen Dollar schweren Hedgefonds-Branche. Weltweit bekannt wurde er, indem er 1992 im großen Stil gegen das britische Pfund wettete.

Der Großinvestor, der sich selbst als glühender Anhänger der Europäischen Union bezeichnet, beweist mit seiner neuen Idee abermals ein perfektes Timing. Denn er greift eine generelle Stimmung in der Euro-Zone auf. Insbesondere in den Staaten der Peripherie wächst der Unmut über die Politik in Berlin. Vielen geben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) die Mitschuld an der eigenen Misere. Mit seiner Sparwut und seinem Stabilitätsdogma treibe Deutschland ganz Europa in die wirtschaftliche Depression, lässt sich die Stimmung in vielen Ländern zusammenfassen. Folglich sei ein Ausstieg der Bundesrepublik aus der Währungsgemeinschaft möglicherweise weniger Fluch denn Segen.

Würde die größte Ökonomie Europas die Euro-Zone verlassen, würden sich die Schulden der verbliebenen Länder mit einem schwächeren Euro automatisch abwerten. Dies könnte die Konkurrenzfähigkeit der Peripherieländer auf einen Schlag erhöhen. Skeptischere Ökonomen verweisen allerdings darauf, dass der Abwertungseffekt zwar eine gewisse Entlastung bringe, aber viele Strukturprobleme Südeuropas nicht lösen könne: "Wenn diese Länder ihre Produktivität nicht steigern, landen sie auch nach einer Abwertung schnell wieder beim heutigen Pro-Kopf-Einkommen", meint Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank.

Dazu kommt, dass die hoch verschuldeten Länder in Südeuropa auch ihren größten potenziellen Geldgeber verlieren würden - die Euro-Rettungsfonds wären nicht mehr viel Wert, wenn Deutschland sich daraus verabschieden würde. Auch die Folgen für Deutschland sind unter Fachleuten umstritten. "In den ersten fünf Jahren hätte man auf jeden Fall enorme Probleme", warnt Deka-Volkswirt Kater. Die neue D-Mark würde an den Devisenmärkten aller Voraussicht nach sehr schnell massiv aufwerten. Dieser Schock würde nach Ansicht Katers die Exportwirtschaft so hart treffen, dass die Verluste beim Bruttoinlandsprodukt noch weitaus höher ausfallen würden wie nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers im Jahr 2008.