Bahn modernisiert 770 Waggons für 250 Millionen Euro. Alles wird behindertengerecht

Hamburg. Die Deutsche Bahn zieht nach. Der neuen privaten Konkurrenz HKX auf der viel frequentierten Strecke zwischen Hamburg und Köln setzt der Staatskonzern jetzt komplett renovierte Waggons entgegen. Schon zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember sollen die ersten 150 Waggons fertig sein und werden dann zunächst zwischen Hamburg und Stuttgart eingesetzt. Vom Winterfahrplan an sind somit auf der Strecke Hamburg-Köln 80 Prozent moderne Waggons unterwegs, hat die Bahn errechnet. Insgesamt sollen 770 IC-Waggons für 250 Millionen Euro grunderneuert werden.

"Die Wahl der Strecke nach Köln ist kein Zufall. Der Start des Hamburg-Köln-Express (HKX) hat das Tempo für unser Projekt beflügelt, sodass die Wagen rechtzeitig bereitstehen", sagte Berthold Huber, der Vorstandsvorsitzende DB Fernverkehr, gestern dem Abendblatt. "Wir freuen uns, dass die Konsumenten die freie Wahl haben und die Bahn den Wettbewerb nun ernst nimmt", sagte HKX-Geschäftsführerin Eva Kreienkamp.

Bei den Preisen für die Strecke zwischen Hamburg und Köln liegt die Bahn mit 83 Euro für die 2. Klasse im IC höher als bei HKX, der seit dem 1. Oktober eine Fahrt für 18 bis 68 Euro anbietet. "Wir fahren jedoch stündlich statt nur dreimal am Tag", so Huber. Für Frühbucher gilt ein Sparpreis ab 29 Euro.

Ihren ersten weiß lackierten Zug mit den roten Streifen stellte die Bahn gestern in Hamburg vor. Sämtliche Sitze und Teppichböden in den Großraumwagen und Abteilen sind neu eingebaut. In der ersten Klasse gibt es Lederbezüge, in der zweiten Klasse sind die Möbel mit Velours überzogen. Insgesamt sollen für alle Waggons 46 000 Sitze ersetzt und 42 000 Quadratmeter Teppiche ausgetauscht werden.

Von jedem Sitz aus wird künftig eine Steckdose zu erreichen sein. Die erste Klasse erhält zusätzlich Verstärker für den Funkempfang. Für die Mitnahme von Fahrrädern stehen sowohl Abteile in den Waggons sowie in den Steuerwagen der Züge bereit. Kinderwagen lassen sich jetzt auf den Fluren mit ausziehbaren Gurten festschnallen oder mit in die Abteile nehmen, wo für sie einzelne Sitze ausgespart werden.

Die Nummern an den Sitzen können sehbehinderte Menschen künftig ertasten. Für Rollstuhlfahrer stehen zudem breite Plätze bereit, die jeweiligen Waggons sind dann auch mit behindertengerechten Toiletten ausgestattet. Insgesamt entsprechen alle Toiletten dem Design aus den ICE-Zügen.

Für die Bahn ist der IC-Verkehr eine wichtige Einnahmenquelle. 53 Millionen Gäste und damit 40 Prozent der Reisenden im Fernverkehr nutzen jährlich die Züge, die mit bis zu 200 km/h unterwegs sind.

Die Renovierung der Waggons, die teilweise bis zu 40 Jahre alt sind, soll nun für die kommenden zehn Jahre reichen. Den Umbau hat die Bahn an ihre eigenen Instandhaltungswerke in Kassel, Nürnberg und Neumünster vergeben. Von 2016 an greift dann ein weiteres Modernisierungsprogramm.

So sollen für sechs Milliarden Euro bis zu 300 neue ICx-Züge eingekauft werden. "Sie werden komplett aber erst im Jahr 2022 zur Verfügung stehen", sagte Huber, der seit November 2010 Chef des Bahn-Fernverkehrs-Bereichs ist. Daher müssen die Wagen noch für die Übergangszeit genutzt werden. Insgesamt will die Bahn im Fernverkehr bis 2016 weitere 1,2 Milliarden Euro für ICE- und Doppelstockzüge ausgeben.

Ebenfalls gestern stellte der Staatskonzern ein neues Reservierungssystem vor, das von Dezember an zunächst in 75 Prozent der ICE-Züge funktionieren soll. Damit können Reisende in Zukunft ihren gewünschten Sitzplatz über eine Grafik im Internet individuell festlegen. Das System funktioniert allerdings nur bei Onlinebuchungen.

Bisher hatten die Passagiere bei ihren Sitzplätzen nur die Wahl zwischen Großraum und Abteilwagen, sowie Gang oder Fenster. Der genaue Platz wurde ihnen dann jedoch vom Bahncomputer zugewiesen.