Suche nach nachwachsenden Kraftstoffen der zweiten Generation

Hamburg. Der Anteil von Biokraftstoffen im Tank wird laut einer Studie des Mineralölkonzerns Shell in Deutschland steigen. Allein bis 2030 könnte heimischer Biosprit rund 20 Prozent, bis 2050 sogar 70 Prozent des dann allerdings deutlich gesunkenen Kraftstoffverbrauchs aller Verkehrsmittel decken. Bislang allerdings scheint die Prognose sehr optimistisch, zumal immer noch die meisten deutschen Autofahrer den Biokraftstoff E10 an der Tankstelle boykottieren. Nach Angaben von Shell-Chefvolkswirt Jörg Adolf liegt die Quote von Biosprit in Deutschland derzeit bei lediglich 5,6 Prozent des gesamten Kraftstoffverbrauchs von 53 Millionen Tonnen im Jahr. In Europa beträgt die Quote nach aktuellen Zahlen 4,5 und weltweit sogar nur zwei Prozent.

Biokraftstoffe werden derzeit noch überwiegend aus Pflanzen hergestellt, die auch zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion beitragen. Von der weltweiten Agrarproduktion werden 74 Prozent für Futtermittel, 18 für Nahrungsmittel und jeweils rund vier für Bioenergie und die Herstellung von anderen Produkten eingesetzt.

"Die Kraftstoffe dürften nicht mehr aus Pflanzen produziert werden, die auch als Nahrungs- oder Futtermittel dienen", fordert Uwe R. Fritsche vom Forschungsinstitut Iinas. Zur Verbesserung der Akzeptanz von Biokraftstoffen empfehlen die Forscher von Iinas und dem Institut Ifeu nun, neue Biokraftstoffe zu entwickeln und ihre jeweilige Herkunft sowie die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien zu veröffentlichen. Auch sollten die europäischen Regeln auf Basis aktueller Erfahrungen "nachjustiert" werden; schließlich habe die EU mit der Gesetzgebung bei Biokraftstoffen Neuland betreten.

Die Europäische Union macht dennoch Druck. Bis 2020 soll die Quote auf zehn Prozent steigen. "Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel", sagte Adolf. Erschwert werde das Ziel, weil der Anbau und die Verwendung von gängigen Sorten wie Rapsöl zu viel des Klimakillers CO2 verursacht und daher in Zukunft vom Markt verschwinden soll. Neue Alternativen müssen folglich gefunden werden. Deshalb könnte das Zeitalter der Biokraftstoffe erst in einigen Jahren richtig anbrechen: Wenn Stroh und Holz, Getreidereste und Abfallstoffe zu Energie und damit zu Kraftstoffen umgewandelt werden können.

Die Technik dafür gibt es schon heute, sie kommt allerdings nur in einem sehr kleinen Maßstab zum Einsatz. Die neuen Kraftstoffe sind bisher noch doppelt so teuer wie klassisches Benzin oder Diesel aus Mineralöl. Deshalb fordert die Branche ein Förderprogramm in Milliardenhöhe von der EU, damit der neue Biosprit künftig in Großanlagen getestet werden kann. "Die bisherigen Anreize reichen nicht aus, die erforderlichen und strategischen Investitionen für die großtechnische Anwendung von Biokraftstoffen der zweiten Generation zu mobilisieren", so Fritsche. Daher müsse man ein zehnjähriges europäisches Markteinführungsprogramm für Biokraftstoffe der zweiten Generation aufstellen.