London. Um 10.40 Uhr bahnte sich Kweku Adoboli gestern seinen Weg durch die Masse wartender Journalisten vor dem Gerichtssaal 3 des Londoner Southwark Crown Courts. Der ehemalige UBS-Händler steht im Mittelpunkt eines der größten Betrugsskandals der britischen Bankengeschichte. Vor einem Jahr wurde der 32-Jährige festgenommen, weil er mit illegalen Wettgeschäften die Schweizer Großbank um 2,3 Milliarden Dollar gebracht haben soll.

Am Montag war der erste Verhandlungstag des Geschworenengerichts in London angesetzt. Es ging hauptsächlich um Verfahrensfragen: Dürfen Jury-Mitglieder UBS-Aktien besitzen? Dürfen sie Kapitalmarktexperten sein? Adoboli blieb die ganze Zeit über fast unbeweglich, mit durchgedrücktem Rücken auf seinem Stuhl in einem abgetrennten Glaskasten sitzen. Nach einigen Diskussionen verschob der Richter die Verlesung der Anklageschrift auf Freitag. So lange werde es dauern, aus den rund 40 Geschworenenkandidaten zwölf unabhängige Jury-Mitglieder auszuwählen.

Ein unspektakulärer Auftakt für einen spektakulären Fall, der für die größte Schweizer Bank UBS noch unangenehme Folgen haben könnte. Der frühere UBS-Chef Oswald Grübel musste wegen der Affäre bereits im vergangenen Jahr seinen Hut nehmen. Die Anwälte von Adoboli sehen die UBS in der Verantwortung. Die Bank habe bewusst weggeschaut, unzureichende Kontrollmechanismen eingebaut und gleichzeitig von ihren Mitarbeitern immer höhere, riskantere Profite gefordert.

Adoboli arbeitete in der Abteilung Delta One, die mit Exchange Traded Funds (ETF) spekulierte. Aufgabe von Adobolis Team war es, bei Aktien- und Devisengeschäften das Risiko der Bank mit Termingeschäften abzusichern. Um den Gewinn zu maximieren, hat der angeklagte Investmentbanker ab Juni 2011 die abgesicherten Geschäfte zwar in den Zentralcomputer der UBS eingegeben, aber sie nicht wirklich real abgeschlossen. Hätten sich die Kurse zu seinen Gunsten entwickelt, wäre Adoboli vielleicht befördert worden. Das Milliardenloch wurde aber immer tiefer. Schließlich wurde Adoboli verhaftet. Bis zum 8. Juni saß er in Untersuchungshaft, seitdem ist er auf Kaution frei und muss eine elektronische Fußfessel tragen. Im Falle einer Verurteilung drohen Adoboli zehn Jahre Haft.