Die in rasantem Tempo aufgestiegene Julia Jäkel, Torsten-Jörn Klein und Achim Twardy lösen überraschend Bernd Buchholz ab

Hamburg. Nun ging doch alles viel schneller als zunächst gedacht: Nur gut eine Woche nach dem Rücktritt von Bernd Buchholz als Bertelsmann-Vorstand hat der Verlagsmanager auch sein Amt als Vorstandsvorsitzender von Gruner + Jahr ("Stern", "Geo") niedergelegt - "einvernehmlich", wie es in einer Presseerklärung heißt. Zu seinem Nachfolger hat der G+J-Aufsichtsrat ein Trio bestimmt: Ihm gehören die verbliebenen G+J-Vorstände Torsten-Jörn Klein (Ausland) und Achim Twardy (Finanzen) an und - das ist die eigentliche Überraschung - Julia Jäkel.

Die 40 Jahre alte Verlagsmanagerin verantwortet bisher bei Gruner + Jahr die Verlagsgruppe G+J Life, in der Titel wie "Schöner Wohnen", "Brigitte", "Gala" und "Essen & Trinken" erscheinen. Jäkel war in den vergangenen Tagen zwar auch als potenzielle Buchholz-Nachfolgerin gehandelt worden. Doch viele Branchenkenner glaubten, dass der Schritt an die Verlagsspitze für sie noch zu früh kommt: Der neu formierten Verlagsgruppe G+J Life steht sie erst seit Februar vor. Damals wurden die G+J-Frauenzeitschriften mit den Koch- und Wohnblättern des Hauses organisatorisch zusammengelegt. Zudem wurde Jäkel erst im März Mutter von Zwillingen.

Doch wie oft in ihrer Karriere wurde die Ehefrau des ehemaligen "Tagesthemen"-Moderators Ulrich Wickert unterschätzt. Dabei ist ihre Energie ebenso groß wie ihr Ehrgeiz. Sie verfügt über eine bemerkenswerte soziale Intelligenz. Mit Bertelsmann-Chef Thomas Rabe kann sie genauso gut wie mit der Verlegerfamilie Jahr, die im Begriff ist, ihren Anteil an dem Verlagshaus in Höhe von 25,1 Prozent an den Gütersloher Medienkonzern zu verkaufen.

Jäkel begann ihre Laufbahn bei Bertelsmann in Gütersloh. Von dort wechselte sie zu Gruner + Jahr, wo sie zunächst geschäftsführende Redakteurin der "Gala" wurde und später als Verlagsleiterin Editionen bei der "Finan-cial Times Deutschland" für die Beilage "How To Spend It" verantwortlich war. Danach wurde sie Verlagsleiterin der "Brigitte", bevor sie in die Verlagsgeschäftsführung der Gruppe Exclusive & Living wechselte, die mittlerweile in G+J Life aufgegangen ist. Im Vorstand wird sie für die deutschen Zeitschriften und das Digitalgeschäft verantwortlich sein.

Mit der Berufung von drei lang gedienten G+J-Managern ist Rabe ein Coup gelungen. Offenbar hatte der Bertelsmann-Chef eine Zeit lang erwogen, einen seiner Vertrauten zum Nachfolger von Buchholz zu machen. Immer wieder fiel der Name seines Bertelsmann-Vorstandskollegen Thomas Hesse. Dass er sich nun für das Trio entschieden hat, führt man in Verlagskreisen auf die Verhandlungen mit den Jahrs zurück. Denn die Übernahme der Anteile der Verlegerfamilie ist längst noch nicht in trockenen Tüchern. Wenig Verständnis sollen die Jahrs dafür gehabt haben, wie Bertelsmann sich von Buchholz trennte.

Auslöser für Buchholz' Rücktritt aus dem Vorstand des Medienkonzerns war ein offenbar aus Gütersloher Kreisen durchgestochener Artikel des "Manager Magazins", in dem an dessen unternehmerischen Fähigkeiten kein gutes Haar gelassen wird. Die Berufung von Jäkel, Klein und Twardy steht dagegen für Kontinuität. Offenbar ist dieser Schritt auch als Signal gedacht, dass Bertelsmann nach einer Komplettübernahme von Gruner + Jahr keineswegs vorhabe, das Unterste nach oben zu kehren. In Branchenkreisen wird nicht ausgeschlossen, dass die Gütersloher, sollten sie eines Tages das alleinige Sagen am Baumwall haben, Gruner + Jahr filetieren, wenn nicht gar in Gänze verkaufen könnten.

Völlig unproblematisch ist die nun gefundene Lösung aber auch nicht. Bereits Doppelspitzen gelten gemeinhin als schwierig. Für eine Dreier-Konstellation gilt das in noch weitaus stärkerem Maße. Denkbar ist, dass sich eines Tages einer der drei als Primus inter pares herausmendelt. Oder sollte man besser sagen Prima inter pares? Denn nach Stand der Dinge kann dies nur Jäkel sein. Dafür spricht schon ihr Portfolio: Die deutschen Zeitschriften mit "Stern" und "Geo" sind weiter das Kerngeschäft des Hauses. Und im Digitalen, wo viel aufzuholen ist, liegt die Zukunft von Gruner + Jahr. So schnell wird man Jäkel nicht mehr unterschätzen.