Neuer Vorstand hält 25 Prozent Gewinn für unrealistisch

Frankfurt. Die Deutsche Bank gibt sich im sechsten Jahr der Finanzkrise ungewohnt selbstkritisch. Gerade im Investmentbanking sei das größte deutsche Geldhaus in der Vergangenheit immer wieder der Versuchung erlegen, nur auf Gewinnmaximierung zu achten, räumte der neue Co-Chef Jürgen Fitschen gestern auf einer Branchenkonferenz in Frankfurt ein.

"Wir waren mit dieser Haltung aber nicht alleine", betonte der Top-Banker. "Jetzt geht es darum zu beweisen, dass wir weiter sportlich unterwegs sein können, aber gleichzeitig andere Ziele besser im Auge behalten, als das früher der Fall war." Heute sei es wichtiger denn je, die Akzeptanz und das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederzugewinnen. "Schöne Broschüren werden uns nicht einen Millimeter weiterbringen."

Fitschen bekräftigte, dass das umstrittene Renditeziel des Vorgängers Josef Ackermann von 25 Prozent vor Steuern auf absehbare Zeit nicht mehr realistisch sei. Grund dafür seien höhere Kapitalkosten und schrumpfende Gewinne. Die meisten Institute peilten 14 bis 15 Prozent an, sagte Fitschen auf die Frage, wo das neue Ziel läge.

Die neue Bankführung will in der kommenden Woche ihre Strategie vorstellen. Dabei spiele der sogenannte Kulturwandel eine zentrale Rolle, versprach Fitschen, der im Juni zusammen mit dem bisherigen Chef-Investmentbanker Anshu Jain das Ruder bei dem Institut übernommen hat. Was darunter konkret zu verstehen ist, bleibt bislang im Dunklen. Klar ist, dass es Bonusbeschränkungen geben wird. Vergütung sei nicht alles, sagte Fitschen. Der Umgang mit dem Kunden müsse sich ändern. "Wir sind einsichtig, wir haben Konsequenzen gezogen und werden noch mehr Konsequenzen ziehen."

Die Bank kam zwar ohne Staatshilfen durch die Finanzkrise. Doch die Abhängigkeit vom schwankungsanfälligen Kapitalmarktgeschäft ist so hoch wie bei keinem anderen deutschen Geldhaus. Den Löwenanteil der Gewinne steuern noch immer die Investmentbanker bei. Zudem sieht sich die Bank mit zahlreichen Klagen konfrontiert, die sich im Kern um umstrittene Investmentbankingprodukte drehen, darunter etwa toxische Wertpapiere vom US-Immobilienmarkt.

Die Deutsche Bank wolle künftig ein Partner der Realwirtschaft sein, versprach Fitschen und nannte etwa das Beispiel Schiffsfinanzierung - ein Bereich, aus dem sich derzeit etliche Banken, beispielsweise die Commerzbank, verabschieden.