Kurz vor der nächsten Heizsaison kündigen Hunderte von Gasversorgern Preiserhöhungen an. Lohnt sich ein Wechsel?

Hamburg. Es ist jedes Jahr dasselbe: Kurz vor Herbstbeginn und damit vor der nächsten Heizsaison kündigen Hunderte von Gasversorgern Preiserhöhungen an. Hamburgs Marktführer E.on Hanse verlangt von seinen Kunden ab September 6,3 Prozent mehr Geld für die Belieferung. Auch andere Versorger wie etwa die Schweriner Wemag haben in der Hansestadt kräftig an der Preisschraube gedreht.

Immer mehr Verbraucher, die von den Tarifanhebungen betroffen sind, denken mit Blick auf den liberalisierten Markt über einen Wechsel des Gasanbieters nach. Allein für die Stadt Hamburg listet das Verbraucherportal Verivox mehr als 120 Tarife von fast genau so vielen Anbietern auf. Doch nicht jedes Angebot lohnt sich für die Kunden. Denn Gasanbieter sind erfinderisch, vor allem wenn es darum geht, für den Kunden neue, angeblich lukrative, aber schwer zu durchschauende Tarife aufzustellen. Das Abendblatt listet die wichtigsten Tricks der Branche auf.

Boni für Neukunden, die 100 Euro oder mehr betragen können, reizen viele zum Wechsel. Im ersten Jahr ist der Preis des neuen Gasanbieters durch die Sonderzahlung zwar oft deutlich niedriger als die Tarife der Konkurrenz. Im zweiten Jahr nach dem Wegfall des "Willkommensgeldes" kann dies allerdings wieder ganz anders aussehen. Der Bonus wird bei fast allen Anbietern erst mit der Jahresendabrechnung gutgeschrieben. "Manchmal werden die Boni aber auch erst im 13. Monat ausgezahlt. Weil der Kunde noch auf sein Geld wartet und deshalb nicht gekündigt hat, ist er dann oft für ein weiteres Jahr zum Gasbezug beim gleichen Versorger verpflichtet oder sogar für zwei Jahre", sagt Günter Hörmann, Chef der Verbraucherzentrale Hamburg. Wichtiger als ein Bonus als Lockangebot, seien die Geschäftsbedingungen des Versorgers, die Laufzeit der Verträge oder auch die Freundlichkeit des Personals bei Problemen. "Man sollte nicht nur auf den Bonus schauen", sagt er.

Mit Vorkassetarifen sparen sich die Gasanbieter einigen Verwaltungsaufwand wie etwa Mahnungen an die Kunden. Das führt meist zu niedrigeren Preisen, die sie teilweise auch weitergeben. Sollten die Verbraucher aber Probleme mit ihrem neuen Anbieter bekommen, fehlt oft ein Druckmittel. Denn das Geld ist ja bereits überwiesen. Im Insolvenzfall des neuen Anbieters kann das vorab bezahlte Geld sogar komplett verloren gehen. Die Pleite des Unternehmens TelDaFax mit Tausenden Geschädigten ist ein Paradebeispiel dafür, wie schnell gutgläubige Gasbezieher ihr Geld abschreiben müssen. Das Gleiche gilt bei Kautionszahlungen, die meist von dem Versorger nicht verzinst werden und erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den Gaskosten verrechnet oder zurückerstattet werden. Auch sie werden nach einer Insolvenz des Versorgers in den meisten Fällen nicht zurückerstattet.

Preisgarantien sind gut, wenn die Kunden lange davon profitieren und nach Auslaufen der Frist den Vertrag kündigen können. Verbraucherschützer wie Hörmann warnen dennoch, bei der Wahl des Versorgers ausschließlich auf die Tarife zu schauen. Denn möglicherweise können bei Verträgen ohne Kündigungsmöglichkeit nach dem Ende einer Preisgarantie die Kosten wieder rasant ansteigen. Der Verbraucherschützer empfiehlt zudem Verträge, die jeden Monat kündbar sind.

Servicekosten: Viele Anbieter sind nur über 0180er-Nummern erreichbar. Doch diese sind in der Regel teuer. Es gibt allerdings - auch auf dem Hamburger Markt - Versorger, die über eine örtliche Telefonnummer verfügen. Gerade wenn ein starker Beratungsbedarf beim Gaskunden besteht, lohnen sich die günstigeren Telefonnummern, um hohe Kosten zu vermeiden.

Auf dem Gasmarkt herrscht laut Hörmann auch in Hamburg eine "Wildwestphase", bei der wohl einige Anbieter auf der Strecke bleiben. So sei es auch gewesen, als der Telekommunikationsmarkt liberalisiert wurde oder der Strommarkt. "Das ist in den Anfangsjahren normal bei Deregulierungen", sagt der Verbraucherexperte. Später festige sich der Markt.

Hörmann ist ein engagierter Befürworter eines Anbieterwechsels. Doch der Blick eines Kunden in die Verbraucherportale allein reiche nicht. Interessierte sollten sich bei einem Wechsel von Verbraucherzentralen oder Organisationen wie dem Bund der Energieverbraucher beraten lassen. Denn die entdecken meist auch im Kleingedruckten nicht erwartete Haken. So lässt sich am Ende einiges an Geld sparen.