Google krempelt Tochter zum Hersteller teurer Smartphones um

New York. Google greift bei Motorola Mobility durch und plant bei dem jüngst erworbenen Handyhersteller einen Kahlschlag. Der Umbau zu einem Anbieter von Oberklasse-Smartphones kostet jeden fünften Mitarbeiter den Job. Am Ende soll der harte Einschnitt aber das Überleben des Google-Tochterunternehmens sichern: Motorola hat in 14 der vergangenen 16 Quartale Verluste geschrieben, während Rivale Apple mit seinen teuren iPhones von Rekordgewinn zu Rekordgewinn eilt.

Gestern kündigte der Suchmaschinenanbieter an, dass 4000 der 20 000 Mitarbeiter bei Motorola gehen müssen. Etwa zwei Drittel der Stellenstreichungen seien außerhalb der USA geplant, hieß es. Das Unternehmen werde die Mitarbeiter aber mit "großzügigen" Abfindungsangeboten sowie bei der Suche nach einem neuen Job unterstützen, versprach Google. Der Stellenabbau werde maximal 275 Millionen Dollar (223 Millionen Euro) kosten, teilte Google mit. Dazu könnten weitere Kosten für den Umbau kommen. Etwa ein Drittel der rund 90 weltweiten Standorte werde geschlossen oder zusammengelegt. Zu den Auswirkungen für Deutschland gab es keine Angaben.

Motorola werde sich aus unprofitablen Märkten und der Herstellung einfacher Geräte zurückziehen, sagte der neue Motorola-Chef Dennis Woodside der "New York Times". Zudem solle die Modellpalette verkleinert werden - eine Strategie, die Apple auf die Spitze getrieben hat. Der Rivale hat eigentlich nur das iPhone im Programm, wenngleich je nach Markt neben der aktuellen auch noch Vorgängerversionen wie das 3GS verkauft werden. Im Herbst wird das neue iPhone 5 erwartet.

Google hatte Motorola Mobility für rund 12,5 Milliarden Dollar übernommen und den Kauf im Mai abgeschlossen. Dem Internetkonzern ging es vor allem um das riesige Portfolio aus 17 000 Patenten, das der Handy-Pionier besitzt. Google braucht die Patente, weil sein mobiles Betriebssystem Android im Visier von Klagen der Konkurrenten Apple und Microsoft steht.

Motorola produziert heute bereits mehr Smartphones als einfache Handys: Nach den jüngsten Zahlen aus dem ersten Quartal verkaufte Motorola insgesamt 8,9 Millionen mobile Geräte, darunter 5,1 Millionen Smartphones wie die Neuinterpretation des legendären Razr. Gegenüber Apple ist das allerdings ein Witz: Der Elektronikriese setzte im gleichen Zeitraum unglaubliche 35,1 Millionen iPhones ab. Auch das Motorola-Tablet Xoom blieb weit hinter dem iPad von Apple zurück.

Die Konzentration auf die einträglicheren Smartphones bringt die Motorola-Mutter Google allerdings auch in die Bredouille: Denn der Konzern tritt damit nicht nur in Konkurrenz zu Apple, sondern auch zu seinen Partnern, die Googles Android-Betriebssystem nutzen wie etwa Samsung, Asus, HTC, LG oder Sony Ericsson. Woodside wiederholte das Versprechen, dass Motorola nicht bevorzugt werde. Derzeit produziert Samsung für Google die Android-Flaggschiff-Handys unter dem Markennamen Nexus. Das Google-Tablet Nexus 7 wird von Asus gebaut.

Motorola hatte 1973 das erste Handy auf den Markt gebracht und ab 2004 große Erfolge mit dem schlanken Klapphandy Razr erzielt. Mit der Vorstellung des ersten iPhones durch Apple 2007 begann aber Motorolas Niedergang. Ähnlich erging es dem einstigen Weltmarktführer Nokia. Heute dominieren vor allem Samsung mit seiner Galaxy-Baureihe sowie Apple mit dem iPhone die Branche. Der Marktanteil von Motorola hängt bei rund zwei Prozent fest. Chef Woodside wolle Motorola-Telefone wieder "cool" machen, schrieb die "New York Times". Zum Beispiel mit der Fähigkeit, an den Stimmen zu erkennen, wer sich gerade in einem Raum aufhält, besseren Kameras und langen Batterielaufzeiten.