Das Milliardenprojekt Global Tech 1 ist das weltweit technisch anspruchsvollste. Es soll von Ende 2013 an Strom für 445 000 Haushalte liefern.

Hamburg. Für das bislang aufwendigste Projekt eines deutschen Offshore-Windparks beginnt dieser Tage der Bau. Noch im August sollen die ersten Fundamente für die Windturbinen auf die Nordsee gebracht werden, sagte gestern Thomas Meerpohl, der kaufmännische Geschäftsführer der in Hamburg ansässigen Projektgesellschaft Global Tech 1.

Zunächst werden 60 Meter hohe, 900 Tonnen schwere dreibeinige Stahlfundamente des Herstellers WeserWind in Bremerhaven auf das vorgesehene Bau- und Betriebsgebiet 180 Kilometer nördlich von Bremerhaven gefahren und am Meeresgrund installiert. Insgesamt soll Global Tech 1 von Ende 2013 an mit 80 Areva-Windturbinen 400 Megawatt installierter Leistung umfassen. Die ersten 40 der sogenannten Tripod-Fundamente dafür liefert WeserWind, weitere 40 Stahlstrukturen kommen von den Siag-Nordseewerken in Emden. Mit einer Leistung von 4500 Betriebsstunden jährlich soll Global Tech 1 den Strombedarf von 445 000 Haushalten decken können, kalkuliert die Betreibergesellschaft.

Das Projekt umfasst eine Reihe von wirtschaftlichen und technologischen Superlativen. Es zeigt aber auch die erheblichen Probleme, an denen die Umsetzung der ehrgeizigen Offshore-Windkraftpläne in Deutschland derzeit leidet. Die Gesamtinvestition beträgt laut Meerpohl 1,6 Milliarden Euro, davon steuert ein Konsortium von 18 Banken insgesamt rund eine Milliarde Euro bei. Das übrige Kapital stammt von den Global-Tech-1-Gesellschaftern, zu denen Stadtwerke aus München und aus Hessen zählen sowie auch Privatinvestoren. "Global Tech 1 ist die derzeit größte von Banken getragenen Finanzierung eines Offshore-Windparks weltweit", sagte Meerpohl.

Allerdings könnte das Projekt wirtschaftlich unter schweren Druck kommen, wenn die von der Bundesregierung geplanten Entlastungen für Offshore-Windparks nicht rechtzeitig greifen. Im Juni legte das Kabinett in Berlin einen Gesetzentwurf vor. Er sieht finanzielle Hilfen für die Betreiber von Offshore-Windparks vor, wenn sich Landanschlüsse für die Meereskraftwerke verzögern. Der für die deutsche Nordseeküste zuständige Netzbetreiber Tennet hatte von einigen Monaten bekannt gegeben, dass die nötigen Landanschlüsse für die in der Region geplanten Offshore-Windparks nicht in vollem Umfang rechtzeitig fertiggestellt werden können. Grund dafür sei vor allem, dass die Finanzbranche vor dem Hintergrund der Dauerkrise in Europa nicht genügend Kapital bereitstelle.

Das Hilfskonzept von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sieht vor, Windparkbetreibern den erzeugbaren Strom zu 90 Prozent zu vergüten, wenn er wegen eines fehlenden Anschlusses noch nicht rechtzeitig in das Landnetz eingespeist werden kann. Strom aus Offshore-Windparks wird, ebenso wie bei den Anlagen an Land, nach dem Energie-Einspeisegesetz mit festen Beträgen je Kilowattstunde vergütet. Die Kosten dafür tragen per Umlageverfahren sämtliche Stromverbraucher. "Auch mit finanzieller Hilfe werden uns wirtschaftliche Schäden entstehen. Die könnte das Projekt ohne gesetzlich geregelte Ausgleichszahlungen nicht verkraften", sagte Meerpohl. Global Tech 1 arbeite "sehr konstruktiv" mit dem Netzbetreiber Tennet zusammen: "Wir halten uns aber alle Rechtspositionen offen." Das umfasse auch mögliche Klagen, sagte Meerpohl.

Der Strom von Global Tech 1 soll von Ende 2013 an zumindest teilweise über den Landanschluss eines benachbarten Windparkprojekts mit dem Namen BorWin 1 in das Stromnetz transportiert werden. Dort sei noch Kapazität vorhanden, weil der Offshore-Windpark "Bard 1" seine volle Kapazität nicht wie ursprünglich geplant erreichen werde. Der eigentlich geplante Anschluss für Global Tech 1 über das Projekt BorWin 2 verzögert sich um ein Jahr bis in das Frühjahr 2014.

Technologisch dürfte Global Tech 1 derzeit eines der anspruchsvollsten Offshore-Windparkprojekte weltweit sein. Die Tripod-Fundamente sollen in 40 Meter Wassertiefe auf der offenen Nordsee abgesetzt und dort mit riesigen Stahlbolzen im Meeresgrund befestigt werden. Die Befestigungen werden gerüttelt und gerammt. Die sensiblen und bedrohten Schweinswale sollen durch Geräusche zunächst von der Baustelle "vergrämt" werden. Bei den Montagearbeiten unter Wasser soll ein Schallschutz durch das Ausbringen einer Art "Vorhang" von Luftblasen im Wasser erzeugt werden, sagte der für den Umweltschutz zuständige Manager von Global Tech 1, Rudolf Kafemann.

Die Bau- und Montagearbeiten auf See führt Hochtief aus. Eingesetzt wird dafür das Hochtief-Montageschiff "Thor". Aus der Werft in Danzig lief gestern zudem das noch größere neue Hochtief-Spezialschiff "Innovation" aus, sagte Arjen Schampers, der technische Geschäftsführer von Global Tech 1. Das Schiff wird in den nächsten Tagen in Bremerhaven erwartet und soll dann die Montage der Tripods auf See vornehmen. Die "Innovation" besitzt 8000 Tonnen Ladekapazität und einen Schwerlastkran mit 1500 Tonnen Hebefähigkeit. Auch die Verkabelung der einzelnen Standorte für die Windturbinen untereinander und mit dem Umspannwerk auf See soll demnächst beginnen.