Immer weniger Mitarbeiter sind durch einen Tarifvertrag vor Ausbeutung geschützt. Im Osten Deutschlands sieht es besonders schlimm aus.

Nürnberg. Die Zahl der Arbeitsverhältnisse mit Tarifbindung ist bundesweit weiterhin rückläufig. In Deutschland wird nur noch gut die Hälfte der Beschäftigten von einem Branchentarifvertrag geschützt - vor allem in Ostdeutschland ist die Entwicklung rückläufig. 2009 lag der Anteil bundesweit bei 52 Prozent, wie eine Befragung von mehr als 15.000 Betrieben und Verwaltungen durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergab.

In Westdeutschland nahm die Quote seit 1996 von 70 Prozent auf 56 Prozent im vergangenen Jahr ab. In Ostdeutschland sank der Anteil der Beschäftigten in Betrieben mit Branchentarifvertrag in dem Zeitraum von 56 auf 38 Prozent. Gegenüber 2008 bedeute das einen Anstieg um einen Prozentpunkt im Westen beziehungsweise einen Rückgang um zwei Prozentpunkte im Osten. "Auch wenn die Entwicklung der Tarifbindung am aktuellen Rand nicht einheitlich verläuft, so ist in der langen Sicht die rückläufige Tendenz eindeutig", sagten die IAB-Arbeitsmarktforscher Peter Ellguth und Susanne Kohaut.

Die Bedeutung der Branchentarifverträge werde erst deutlich, wenn man berücksichtige, dass zudem rund jeder fünfte Arbeitnehmer indirekt davon profitiere. "19 Prozent der westdeutschen und 24 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten arbeiteten 2009 nämlich in Betrieben, die sich an einem Branchentarifvertrag orientierten", so das Institut. Für weitere neun Prozent der Beschäftigten im Westen und 13 Prozent im Osten habe ein zwischen Betrieb und Gewerkschaft abgeschlossener Firmentarifvertrag gegolten.