Auch Hamburger Unternehmen wie Hapag-Lloyd überprüfen ihre Ausgaben. Hotels in der Hansestadt betroffen.

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise führt zu empfindlichen Einbrüchen bei den Geschäftsreisen. Für 2009 rechnen rund 70 Prozent der in den Unternehmen dafür zuständigen Manager mit einem Rückgang von mehr als zehn Prozent. 44 Prozent der Verantwortlichen erwarten sogar ein Minus von mehr als 20 Prozent. Dies ergab eine Umfrage des Tourismusexperten Ernst-Otto Thiesing von der Fachhochschule Braunschweig-Wolfenbüttel unter den im Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) organisierten Fachleuten.

Demnach gaben 72 Prozent der Befragten an, dass in den Unternehmen seit Beginn der Krise deutlich intensiver geprüft werde, ob eine Dienstreise auch wirklich notwendig sei. In fast der Hälfte der Firmen wurden zudem die Reiserichtlinien verschärft.

Der Technologiekonzern Linde will beispielsweise jährlich 20 Millionen Euro Reisekosten einsparen. Auch Hamburger Unternehmen wie etwa Hapag-Lloyd überprüfen ihre Ausgaben: "Wir setzen seit Ende letzten Jahres ein umfangreiches Kosteneinsparungsprogramm um, dazu gehört eine Reduzierung der Geschäftsreisekosten um 50 Prozent", sagte Eva Gjersvik, Sprecherin der Reederei, dem Abendblatt. Bei Flugreisen werde nun die Economyclass gebucht und nicht mehr die Businessclass.

Diese Tendenz beobachtet auch Stefan Vorndran, Chef der Deutschland-Tochter der BCD Travel, nach eigenen Angaben einer der weltweit führenden Geschäftsreiseanbieter. "Die Entwicklung der vergangenen Monate war eindeutig: Die Buchungen in der First- und Businessclass sind in der Gesamtbetrachtung zurückgegangen. Besonders bei europäischen Strecken geht die Schere zwischen Economy und Business immer weiter auseinander." So hätten die Buchungen in der günstigen Klasse in den vergangenen Monaten um mehr als zehn Prozent zugenommen, auf den Fernstrecken immerhin noch um drei Prozent.

Damit verzeichnet die Lufthansa noch größere Einbußen im Geschäft, als der Rückgang bei der gesamten Passagierzahl um sieben Prozent in den ersten drei Monaten 2009 anzeigt. Denn nach Angaben einer Lufthansa-Sprecherin erzielte der Konzern im Jahr 2008 mit der First- und der Businessclass, die auf den Langstrecken zusammen 20 bis 25 Prozent des Sitzplatzangebots ausmachen, mehr als 52 Prozent der Umsätze.

Selbst bei der Bahn macht sich dieser Spareffekt bemerkbar: "Kunden, die früher in der 1. Klasse gefahren sind, buchen nun die 2. Klasse", sagte ein Bahnsprecher dem Abendblatt. Unter dem Strich spüre man aber keine Rückgänge bei den Fahrgastzahlen. Den Grund erklärt Vorndran: "Bei Reisen innerhalb Deutschlands werden anstatt des Flugzeugs zunehmend die Bahn oder auch der firmeneigene Dienstwagen genutzt."

Der Umfrage des Experten Thiesing zufolge dürfte außerdem der Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen zunehmen. Schon jetzt verzeichnet BCD Travel nach den Worten von Vorndran "einen Rückgang im unteren zweistelligen Prozentbereich" bei den Geschäftsreisen. Das Unternehmen hat daher schon im Februar für alle 2500 Mitarbeiter Kurzarbeit zunächst bis Ende Juni eingeführt. Seit Anfang April arbeiten auch die Beschäftigten des Geschäftsreisenanbieters American Express in den deutschen Büros kürzer. Das Unternehmen rechnet für 2009 mit einem Umsatzrückgang von mindestens 15 Prozent.

Als Folge der Sparzwänge bei den Geschäftsreisen sind die Hotelpreise in Deutschland nach einer Erhebung des Buchungsportals www.hotels .com bereits im vierten Quartal 2008 um durchschnittlich sechs Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Eine Übernachtung kostete demnach im Schnitt 95 Euro. Dabei rutschen die Zimmerpreise in Düsseldorf sogar um 20 Prozent und in Dresden um 15 Prozent ab.

Der Rückgang bei den Geschäftsreisen trifft auch Hamburgs Vier- und Fünf-Sterne-Hotels. "Natürlich haben wir genauso wie die anderen Häuser einen Einbruch bei den Geschäftsreisenden", sagte Jürgen von Massow, Direktor des Grand Elysée, dem Abendblatt. Unter anderem würden weniger Personen zu Tagungen anreisen. "Aber die Situation ist nicht so dramatisch, dass wir unsere Preise senken müssen. Keiner dürfte Interesse daran haben, dass Hamburg verramscht wird." Auch Claus Berk, Eigentümer vom Europäischen Hof, hält seine Zimmerpreise trotz der Krise stabil. "Wir haben derzeit etwa fünf Prozent weniger Geschäftsreisende", sagt der Hotelier.

"Kunden, die früher 1. Klasse gefahren sind, buchen nun 2. Klasse."

Ein Sprecher der Bahn