Brüssel. Die EU will dem milliardenschweren Mehrwertsteuerbetrug einen Riegel vorschieben. Die Behörde schlug dazu einen Mechanismus vor, mit dem die Mitgliedsländer sogenannte Karussellgeschäfte sofort stoppen können. Dabei lassen sich Abnehmer bei Geschäften über Landesgrenzen hinweg die Mehrwertsteuer erstatten, ohne dass die Verkäufer die Mehrwertsteuer zahlen. Um den illegalen Kreislauf aufzuhalten, will Brüssel eine befristete Umstellung auf ein Abzugsverfahren (reverse charge) erlauben: Die Steuer muss dann der Endabnehmer entrichten, und nicht mehr der (Schein-)Zwischenhändler.

Durch die Karussellgeschäfte entgehen dem Fiskus jährlich große Summen. Ein breit angelegter Steuerbetrug mit CO2-Emissionsscheinen habe beispielsweise einen Schaden von fünf Milliarden Euro angerichtet, sagte Kommissionssprecher Jonathan Todd. Berlin pocht schon lange auf die Möglichkeit zum Abzugsverfahren. Die Kommission weigerte sich bisher, die entsprechenden Vorschriften zu ändern. Ihr Vorschlag muss noch von den Mitgliedsländern angenommen werden.

Bei Karussellgeschäften nutzen die Betrüger den EU-Binnenmarkt auf dreiste Weise aus. Bei grenzüberschreitenden Geschäften darf keine Mehrwertsteuer erhoben werden. Das Modell: Eine Firma liefert Handys für eine Million Euro aus Deutschland an Firma B in den Niederlanden. Das Geschäft ist steuerneutral. B verkauft die Handys dann für 1,2 Millionen Euro (inklusive 20 Prozent Mehrwertsteuer) an Käufer C im selbem Land. C lässt sich die 200 000 Euro Steuer vom niederländischen Fiskus erstatten. Erhalten müsste der die Summe eigentlich von Zwischenhändler B, der sie von C kassiert hat. Doch B taucht ab. C kann die Ware an A zurückverkaufen: Das Karussell dreht die nächste Runde.