Niedrigster Stand seit einem Jahr. Aber Experten sehen keine Krise am Arbeitsmarkt

Nürnberg. Der Jobaufschwung in Deutschland schwächelt. Die Zahl der offenen Stellen ging im Juli auf den niedrigsten Stand seit gut einem Jahr zurück, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) gestern mitteilte. "Angesichts moderater Konjunkturerwartungen zeigen sich die Unternehmen vorsichtiger, was weitere Neueinstellungen angeht", erläuterte die Bundesbehörde - nicht ohne zu betonen, dass die Nachfrage nach Mitarbeitern nach wie vor hoch sei. Im vergangenen Jahr entstanden nach Angaben des Statistischen Bundesamts dank des Booms auf dem Arbeitsmarkt 610 000 zusätzliche reguläre Jobs.

Der von der Agentur veröffentlichte Stellenindex BA-X war im Juli um zwei Zähler auf 162 Punkte zurückgegangen; zum Jahreswechsel hatte er noch bei 179 gelegen. Doch im Vergleich zum Juli des vergangenen Jahres sei es nur ein Minus von vier Punkten, betonte die BA. Sie wird am heutigen Dienstag bekannt geben, wie viele Menschen aktuell ohne Job sind.

Nach Einschätzung von Experten hat sich der leichte Abwärtstrend auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Juli fortgesetzt. Gründe dafür seien neben der schwächeren Konjunktur auch die Verunsicherung vieler Unternehmen aufgrund der Euro-Schuldenkrise, berichteten Volkswirte deutscher Großbanken in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Dadurch sei die Arbeitslosigkeit etwas stärker gestiegen als sonst zu Ferienbeginn üblich. Den Berechnungen zufolge waren 2,87 Millionen Menschen ohne Job. Das wären 65 000 mehr als im Juni, aber knapp 70 000 weniger als vor einem Jahr.

Ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Juli ist nichts Ungewöhnliches. Zum einen beenden viele junge Leute ihre Ausbildung, ohne gleich eine neue Stelle zu finden; zum anderen verschieben viele Unternehmen die Einstellung neuer Mitarbeiter auf das Ende der Werksferien. Aber auch ohne diese jahreszeitlichen Effekte wäre die Zahl der Erwerbslosen im Juli nach Einschätzung der Experten zwischen 5000 und 15 000 gestiegen. Solche Anstiege weisen in der Regel darauf hin, dass derzeit der Einfluss der Konjunktur auf den Arbeitsmarkt abnimmt.

Mittelfristig beurteilen die meisten der Bankenvolkswirte die Lage am deutschen Arbeitsmarkt vorsichtig optimistisch: In der aktuell leichten Abschwächung des seit fast drei Jahre dauernden Job-Booms sehen sie lediglich eine "Delle". Schon am Jahresende könnte der Arbeitsmarkt wieder in Schwung kommen. Auch 2011 hatte der Boom für zusätzliche reguläre Jobs gesorgt. Ihre Zahl stieg schneller als die der "atypischen" Beschäftigungsverhältnisse. Demnach hatten 23,7 Millionen Menschen eine sozialversicherungspflichtige Stelle mit mindestens 21 Wochenstunden und waren nicht an eine andere Firma ausgeliehen.