Wachstum liegt laut Finanzministerium bei weniger als 0,5 Prozent im zweiten Quartal

Berlin. Die deutsche Wirtschaft konnte lange gegen den Trend in Europa zulegen. Doch der Höhenflug scheint ein Ende zu nehmen. Die jüngsten Konjunkturdaten sprechen für eine Abkühlung. Das Bundesfinanzministerium geht davon aus, dass die Wirtschaft im zweiten Quartal schwächer gewachsen ist als im ersten Quartal des Jahres, als der Anstieg 0,5 Prozent betrug.

"Die Schuldenkrise in Europa wird Deutschland noch stärker als bisher treffen", sagte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. "Der Tiefpunkt der Euro-Krise ist noch lange nicht erreicht." Eine Trendwende in Richtung Abkühlung lässt sich seit zwei Monaten an den Konjunkturbarometern ablesen. Nachdem die Stimmung in der deutschen Wirtschaft bis zum Jahresanfang immer besser geworden war, kippte sie im Frühjahr. Der Ifo-Geschäftsklimaindex, der als wichtigster Gradmesser für die deutsche Konjunktur gilt, fiel seit Mai auf zuletzt 105,3 Punkte, den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahren. "Das Einzige, was noch einigermaßen gut läuft, sind die Exporte, und die profitieren vom schwachen Euro", sagte Bofinger. So meldete das Statistische Bundesamt zuletzt für Mai ein Plus bei den Ausfuhren von 3,9 Prozent gegenüber April. Deutschland konnte die schwächere Nachfrage in der Euro-Zone durch gute Geschäfte in Asien und den USA noch wettmachen. Ob dies jedoch so weitergeht, bezweifelt Bofinger, zumal Chinas Wachstum mit 7,6 Prozent im zweiten Quartal so niedrig ausfiel wie seit drei Jahren nicht mehr.

Der dramatische Abbau von insgesamt rund 30 000 Stellen im Handel - bei Schlecker, Neckermann, Karstadt und Metro - führen Ökonomen dagegen nicht auf die Konjunktur zurück. "Das sind branchen- und unternehmensspezifische Besonderheiten statt generelle Trends", sagt Hans-Peter Klös vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Dennoch könnte die rückläufige Zahl der Erwerbslosen auf zuletzt bundesweit 2,81 Millionen gestoppt werden. So rechnet der Konjunkturexperte des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), Jörg Hinze, in den kommenden Monaten mit einer leicht steigenden Arbeitslosigkeit.