Gewerkschaft droht im Vorfeld von Tarifverhandlungen mit Arbeitsniederlegungen

München. Reisende müssen in der Urlaubszeit mit Streiks bei der Deutschen Bahn rechnen. Gebe es bei der kommenden Tarifrunde über eine Lohnerhöhung am 23. Juli keine Fortschritte, "kann es noch in den Ferien Warnstreiks geben", sagte der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, dem "Focus". Die Gewerkschaft wolle keinen "überzogenen Druck" erzeugen, aber auch nicht lange warten. "Ein Arbeitskampf ist nicht vom Tisch", sagte Weselsky am Wochenende. Die GDL fordert für 21 500 Lokführer ein Einkommensplus von sieben Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr.

Weselsky schließt allerdings einen Erfolg am Verhandlungstisch keineswegs aus: "Die Chance, sich friedlich zu einigen, ist durchaus gegeben", meinte er. Die Lage sei nicht zu vergleichen mit 2007 und 2010. Damals habe ein einheitlicher Rahmenvertrag verankert werden müssen, dieses Mal gehe es um eine einfache Entgeltrunde.

"Drohgebärden bringen uns nicht weiter, dafür aber konstruktive und vernünftige Verhandlungen", sagte hingegen eine Bahnsprecherin. Das Unternehmen habe der GDL für den 23. Juli ein verbessertes Angebot angekündigt. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass wir die Verhandlungen zügig und konfliktfrei abschließen werden."

Zum Auftakt der Tarifrunde hatte die Bahn am vergangenen Mittwoch ein erstes Angebot vorgelegt. Die Entgelte sollten demnach zunächst zum 1. Juli um 2,5 Prozent steigen, weitere zwei Prozent soll es im Oktober 2013 geben. Bei einer Erhöhung der Altersvorsorge ergebe sich ein Gesamtpaket von 5,5 Prozent über zwei Jahre, rechnete Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber vor. Die Gewerkschaft hatte das Angebot als "völlig unzureichend" zurückgewiesen. Stimme das Ergebnis auch bei den kommenden Gesprächen nicht, "werden wir uns zu wehren wissen", sagte Weselsky.

Der Flächentarifvertrag bei der Deutschen Bahn und anderen Schienengüterverkehrsunternehmen war am 30. Juni ausgelaufen - mit ihm auch die Friedenspflicht. Die vergangenen Lokführer-Tarifverhandlungen waren von massiven Streiks begleitet, Gerichtstermine und eine vergebliche Schlichtung inklusive. Im Jahr 2008 hatte die GDL einen eigenständigen Lokführer-Tarifvertrag erzwungen. Bei massiven Streiks in den Jahren 2010/11 wurde mehr als neun Monate lang um einen Rahmentarifvertrag gestritten. Diesmal geht es der im Vergleich relativ kleinen Gewerkschaft aber "lediglich" um Gehaltsforderungen.