Bund zieht sich aus dem Geschäft mit Privatanlegern zurück. Niedrige Zinsen haben Nachfrage einbrechen lassen

Hamburg. Zwei der beliebtesten Sparprodukte der Bundesrepublik werden beerdigt. Vom kommenden Jahr an wird es keine Bundesschatzbriefe und keine Finanzierungsschätze des Bundes mehr geben. Das bestätigte ein Sprecher der Finanzagentur des Bundes dem Abendblatt. Bereits ausgegebene Wertpapiere werden bis zur Fälligkeit weitergeführt. Auch die erst im Jahr 2008 eingeführte Tagesanleihe, ein Konkurrenzprodukt zu den Tagesgeldkonten der Banken, wird zum Jahresende eingestellt. Anleger, die dieses Produkt noch haben, werden dann ausgezahlt.

Gleichzeitig zieht sich die Finanzagentur, die die Schulden des Bundes verwaltet, aus dem Geschäft mit Privatanlegern komplett zurück. Bei der Agentur konnten Bundesbürger bisher Bundeswertpapiere spesenfrei erwerben und auch kostenlos in sogenannten Einzelschuldbuchkonten verwahren lassen. Gegenwärtig haben dort 330 000 Kunden 8,5 Milliarden Euro angelegt. Die mit der Verwaltung beschäftigten 200 Mitarbeiter werden andere Aufgaben übernehmen.

Künftig können Kunden zwar noch in Bundeswertpapiere investieren, müssen diese aber wieder bei den Banken kostenpflichtig erwerben. Zur Auswahl stehen noch Bundesanleihen (zehn Jahre Laufzeit), Bundesobligationen (fünf Jahre) und Bundesschatzanweisungen (zwei Jahre). Alle Papiere sind aber bei vorzeitiger Rückgabe mit Verlustrisiken verbunden. "Ich kann mir schon vorstellen, wie das bei den Banken abläuft. Wenn der Kunde ein Bundeswertpapier haben möchte, kommt er mit einem Zertifikat wieder aus der Filiale", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Die Abkehr von den Privatanlegern geht auf eine Entscheidung des Bundesfinanzministeriums zurück. "Vertrieb und Verwaltung konnten nicht wirtschaftlich erbracht werden und auch für die Zukunft zeichnete sich keine Besserung ab", sagte ein Sprecher der Finanzagentur. Der Anteil der Privatanleger an der jährlichen neuen Schuldenaufnahme lag zuletzt unter einem Prozent, während er in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre noch einen Anteil von bis zu 40 Prozent hatte. Während professionelle Anleger auch negative Zinsen bei zweijährigen Bundesschatzanweisungen akzeptieren, verzichten Privatanleger zunehmend auf die Anlage in Bundeswertpapiere. So bringt ein siebenjähriger Bundesschatzbrief nur noch eine Rendite von 0,69 Prozent pro Jahr. Die Tagesanleihe rentiert mit 0,18 Prozent. Noch im Jahr 2008 hatte die Finanzagentur große Pläne. Sie startete mit der Tagesanleihe, die damals mit 3,7 Prozent verzinst wurde und eine große Nachfrage auslöste. Weitere Produkte sollten folgen.

Der Bundesschatzbrief war im Jahr 1969 eingeführt wurden. Die Mindestanlage beträgt 52 Euro. Er garantiert über eine Laufzeit von sechs oder sieben Jahre steigende Zinsen und kann auch vorzeitig ohne Verlustrisiko zurückgegeben werden. Wer von Beginn an in dieser Sparform anlegte, erreichte eine Rendite von rund 6,5 Prozent. Die Finanzierungsschätze, die über ein oder zwei Jahre laufen, wurden 1975 eingeführt. "Abgesehen von der jüngsten Zeit war der Bundesschatzbrief das von uns am meisten empfohlene Produkt zur Geldanlage", sagt Verbraucherschützerin Castelló. "Seine Beerdigung ist unverständlich, denn die Zinsen werden auch wieder steigen."