Von Sonntag an sinken die Tarife im EU-Ausland. Rund 20 Prozent lassen sich sparen. Doch es gibt einige Fallstricke. Lesen Sie, was Sie beachten müssen.

Brüssel/Hamburg. Im Urlaub online Landkarten studieren, nach den Facebook-Freunden schauen, schnell mal skypen oder einfach die Verwandten anrufen und ein wenig plaudern: All das kostet Smartphonenutzer im Ausland viel Geld. Erstmals setzt die EU-Kommission der Telekombranche nun Preisobergrenzen für Datendownloads im EU-Ausland. Von diesem Sonntag an gelten auch für grenzüberschreitende Telefonate und SMS neue Preisgrenzen. Im Jahr 2016 soll das gefürchtete Roaming ganz verschwunden sein.

Was ist Roaming überhaupt?

Das Wort Roaming stammt aus dem Englischen und bedeutet in etwa "umherwandern". In der Welt der Telekommunikation steht der Begriff für die Möglichkeit, auch in ausländischen Mobilfunknetzen zu telefonieren, angerufen zu werden oder SMS und Daten auszutauschen. Die Anbieter verlangen für die Weiterleitung von Gesprächen und Daten Gebühren, die sogenannten Roaming-Gebühren. Laut EU-Kommission entfallen rund vier Prozent des gesamten EU-Mobilfunkmarktes auf Roaming, das entspricht fünf Milliarden Euro Umsatz.

Wie ist die Lage für Verbraucher derzeit?

Wer sein Handy im Ausland nutzt, muss mit hohen Zusatzkosten rechnen, kritisiert die EU-Kommission. "Die Leute haben es satt, böse Überraschungen zu erleben, wenn sie ihre Rechnung bekommen", sagt die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes. Sie beklagt, dass viele Verbraucher ihr Handy im Ausland abschalten, weil sie die Kostenfalle fürchten: "Ein Mobiltelefon sollte mobil sein."

Warum sind neue Vorgaben nötig?

"Weil der Markt nicht funktioniert", lautet die Antwort der EU-Kommission. Seit Jahren versucht Brüssel, in Europa die Preise durch Regulierung zu drücken. Seit 2007 gibt es schon Obergrenzen, die seitdem kontinuierlich sinken. Doch sie hatten lediglich zur Folge, dass die Telekomfirmen jeweils knapp darunterblieben - auch wenn weitere Preissenkungen möglich gewesen wären.

Was ändert sich am 1. Juli?

Ab diesem Stichtag gelten neue gesetzliche Obergrenzen, die nach EU-Angaben 75 Prozent niedriger als im Jahr 2007 sind. Preise für Anrufe aus dem EU-Ausland sinken von 42 auf höchstens 35 Cent pro Minute (alle Angaben inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer). Die Kosten für ankommende Gespräche verringern sich von 13 auf nur noch zehn Cent. Bei Kurzmitteilungen gibt es ebenfalls eine neue Obergrenze: Im Ausland geschriebene SMS kosten maximal elf Cent. Für 2013 und 2014 sind seitens der EU weitere Preissenkungen geplant (siehe Grafik). Das Ziel lautet, dass bis 2016 im EU-Ausland die gleichen Tarife wie im Inland gelten; dann wäre das Roaming abgeschafft.

Was ist neu beim Surfen im Ausland?

Ab 1. Juli dürfen Anbieter maximal 70 Cent vor Steuern pro Megabyte Datenvolumen verlangen, ab Juli 2014 maximal 20 Cent. Heutzutage zahlt ein Nutzer nach EU-Angaben oft bis zu vier Euro. Ein Megabyte entspricht 100 Mails ohne Anhang, weniger als einer Stunde Internetsurfen oder einer Minute Musikdownload im MP3-Format.

Wie viel Geld spart der Verbraucher?

Die EU-Kommission rechnet in einem Musterbeispiel vor: Wenn eine vierköpfige Familie aus Deutschland eine Woche lang Urlaub in Griechenland, Frankreich oder Italien macht, spart sie bei den Handygebühren rund 280 Euro (gegenüber dem Jahr 2009). Für diese Berechnung sind bestimmte Mengen an E-Mails, Surfen im Internet und Hochladen von Fotos zugrunde gelegt. Ein Geschäftsmann, der mehrfach im Jahr ins EU-Ausland reise, könne bis zu 1000 Euro sparen.

Was kritisieren Verbraucherschützer?

Der europäische Verband für Verbraucherschutz Beuc findet, dass die Preisgrenzen nicht ausreichen. Das Internetsurfen im EU-Ausland sei immer noch zu teuer. "Auch mit diesen Grenzen kann das Herunterladen von einem Gigabyte Daten über die Grenzen hinweg noch erstaunliche 700 Euro kosten", sagt Beuc-Generaldirektorin Monique Goyens.

Was kann der Handynutzer im Urlaub und auf Geschäftsreise noch tun?

Verbraucherschützer raten, die Handymailbox vor der Reise ins Ausland auszuschalten oder im Urlaub zumindest nicht abzuhören, um die hohen Kosten für diese Anwendung zu sparen. Wer in der Nähe der deutschen Grenze Urlaub macht, kann prüfen, ob er ins deutsche Handynetz wechseln kann. Bei Smartphones sollte der Besitzer einige Funktionen ausschalten. Viele Firmen bieten Pakete fürs Ausland an.

Was hält die Telekombranche davon?

Wenig. Sie bemängelt, dass die Europäische Union den Unternehmen die Gewinne abgräbt. Der deutsche Branchenverband VATM nennt Vorgaben für Endkundenpreise "ordnungspolitisch verfehlt". Nach Ansicht der Branche könnten die Regeln den Verbrauchern sogar schaden, weil den Firmen Geld für Investitionen in den Ausbau der Netze (schnelles Internet) fehle. Für das High-Speed-Internet seien in der EU 220 Milliarden Euro Investitionen nötig. Die Telekom kritisiert, dass die Politik die Antwort auf die Frage schuldig bleibe, woher das Geld für Investitionen kommen solle.

Was ändert sich jenseits der Europäischen Union?

Für Übersee oder Asien gelten die Regeln nicht. Denn die EU kann ihre Gesetze nicht auf außereuropäische Länder anwenden. Auch die Schweiz und Türkei sind ausgenommen.