Arbeitslosigkeit sinkt weiter. Im Herbst soll Marke von 70 000 unterschritten werden

Hamburg. Das erste Halbjahr hat eine deutliche Entspannung auf dem Hamburger Arbeitsmarkt gebracht. Seit Beginn des Jahres verringerte sich die Zahl der Arbeitslosen in der Hansestadt um rund 2600 Personen. Das ist ein Rückgang von 3,7 Prozent. Dagegen gab es im laufenden Monat kaum noch Bewegung auf dem Arbeitsmarkt. Im Juni waren 70 269 Hamburger ohne Job. Das sind 276 Personen oder 0,4 Prozent weniger als im Vormonat.

Dennoch bleibt Sönke Fock, Vorsitzender der Geschäftsführung in der Agentur für Arbeit, optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass wir im September oder Oktober weniger als 70 000 Arbeitslose haben werden." Es gebe keine Erkenntnisse, dass die bisher positive Entwicklung gestoppt ist. Nach seiner Einschätzung ist die Beschäftigung in den Hamburger Betrieben insgesamt sicherer geworden. Den geringeren Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen führt Fock auf den Beginn der Ferienzeit zurück. "Das wirkt sich vorübergehend dämpfend auf die Dynamik aus." In den nächsten beiden Monaten könne die Arbeitslosigkeit noch leicht steigen, weil Auszubildende ihre Ausbildung beenden, aber nicht immer übernommen werden. Im Juni registrierte die Arbeitsagentur 737 solcher Fälle.

Dagegen haben Schulabgänger gute Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Es gibt noch 3950 freie Stellen. Das sind 21 Prozent mehr als im Vorjahr. Vor allem in der Gesundheitswirtschaft, in der Gastronomie und im Handel werden Auszubildende gesucht. Fock appellierte an die Eltern, ihre Kinder bei der Berufswahl und der Bewerbung zu unterstützen.

Von den 100 entlassenen Schlecker-Beschäftigten im März in Hamburg haben 26 wieder einen neuen Arbeitsplatz gefunden, 18 befinden sich in einer beruflichen Weiterbildung, die Übrigen sind arbeitslos oder haben sich nicht bei der Agentur gemeldet. Mit der endgültigen Schließung der Filialen wird jetzt eine zweite Welle mit 118 Gekündigten erwartet. Bisher haben sich erst 34 arbeitslos gemeldet. "Wir raten den Betroffenen, sich umgehend bei der Arbeitsagentur zu melden und nicht erst auf die schriftliche Kündigung zu warten", sagt ein Sprecher der Arbeitsagentur Hamburg. Die nächste Job-Börse für die Schlecker-Beschäftigten findet am 12. Juli von 9.00 bis 13.00 Uhr in der Arbeitsagentur, Kurt-Schumacher-Allee 16, statt.

"Die ehemaligen Schlecker-Beschäftigten in Hamburg haben sehr gute Chancen, wieder einen Arbeitsplatz im Einzelhandel zu finden", sagt Fock. "Jeden Monat registrieren wir zwischen 200 und 300 neue freie Stellen in diesem Bereich." Interesse an den Jobsuchenden gebe es von Drogeriemärkten, Einrichtungshäusern und Bäckereien. Die Gewerkschaft Ver.di sieht allerdings die Gefahr, dass die Betroffenen von den angebotenen Arbeitsplätzen nicht leben können. "In kaum einer anderen Branche sind die Einkommensbedingungen so schlecht wie im Handel", sagt Arno Peukes, Handelsexperte bei Ver.di. Bundesweit sind von den im März bei Schlecker entlassenen rund 10 000 Mitarbeitern noch 7100 auf Jobsuche, teilte die Bundesagentur für Arbeit mit.

Bundesweit hat der Abbau der Arbeitslosigkeit angesichts der konjunkturellen Eintrübung weiter an Fahrt verloren. "Es gibt Anzeichen für eine schwächere Entwicklung", sagt Frank-Jürgen Weise, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit. Die Zahl der Arbeitslosen verringerte sich zum Vormonat um 46 000 auf 2,809 Millionen. Der Rückgang fiel damit für einen Juni nur halb so hoch aus wie im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Arbeitslosenquote verringerte sich um 0,1 Punkte auf 6,6 Prozent.

Obwohl die Konjunkturaussichten immer düsterer werden, lässt sich Weise seine Zuversicht nicht nehmen. "Von einer Trendwende sprechen wir erst, wenn die Zahlen drei Monate in Folge in eine andere Richtung zeigen. Das sehen wir aber nicht", sagte Weise. Gleichzeitig räumte er ein, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften ihren Höhepunkt überschritten hat.

Schon für den Sommer rechnet das Münchner Ifo-Institut mit einem deutlich geringeren Wirtschaftswachstum. Die Wirtschaft wird im zweiten und dritten Quartal kaum noch wachsen. "Die Rezession im Euro-Raum belastet den Export der deutschen Firmen", sagte Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen. "Die Schuldenkrise und die Sorgen wegen einer Abschwächung der Konjunktur bei den Handelspartnern verunsichern die Investoren." Für das Gesamtjahr rechnet das Institut mit einem Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sieht Deutschland in einer Stagnationsphase und den Euro-Raum in einer hartnäckigen Rezession. Für das nächste Jahr wird nur noch mit einem Wachstum von 0,3 Prozent gerechnet. Das wird dann auch auf den Arbeitsmarkt seine Auswirkungen haben.