Im Hafen und auf dem Bau werden Menschen ohne Aufenthaltsstatus häufig um ihren Lohn gebracht. Doch sie können sich wehren

Hamburg. Der Minibus holte Ali K.* meist am S-Bahnhof Veddel ab. Zusammen mit Kollegen aus Rumänien oder Bulgarien, alles Männer ohne Aufenthaltserlaubnis, wartete der Marokkaner auf den Mitarbeiter einer Containerlogistikfirma, der sie zu einem Gelände am Billbrookdeich kutschierte. Zahllose Stahlboxen standen hier bereit. "Wir mussten die Container entladen, eine schwere, anstrengende Arbeit", erinnert sich der kräftige, fast hünenhafte Mann.

8,50 Euro die Stunde sollte Ali K. für die Schufterei bekommen, doch gesehen hat er von seinem Lohn fast nichts. "Gerade einmal 500 Euro habe ich gekriegt, obwohl ich insgesamt mehr als zwei Monate bei dem Unternehmen beschäftigt war", sagt der 34-Jährige. "Wenn ich nach dem ausstehenden Geld fragte, hieß es immer, das kommt nächsten Freitag." Aufzubegehren wagte der Marokkaner nicht. "Ich war ja schließlich illegal in Hamburg."

So wie Ali K. geht es vielen Migranten, die in der Hansestadt ohne gültigen Aufenthaltsstatus leben. "Es gibt zahlreiche Firmen, die diese Menschen systematisch ausbeuten", sagt der Hamburger Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Uwe Grund. "Das grenzt an moderne Sklaverei."

Allein die DGB-Beratungsstelle Migration und Arbeit (MigrAr) hat in den vergangenen zwei Jahren rund 100 Beschäftigte betreut, die von Arbeitgebern um ihr Gehalt betrogen wurden oder zu Dumpinglöhnen arbeiten mussten. Insgesamt schätzt die Gewerkschaft die Zahl der Betroffenen auf mehrere Tausend in der Hansestadt. Besonders häufig arbeiten Menschen ohne Papiere im Hafen, auf dem Bau, in der Reinigungsbranche, in der Pflege, in der Gastronomie oder im Rotlichtmilieu.

Nur die wenigsten der Betroffenen bringen aber den Mut auf, etwas gegen ihre Ausbeutung zu unternehmen. Aus Angst vor Abschiebung meiden sie jeden Kontakt mit Polizei und Behörden. So war es auch bei Ali K. Der gelernte Softwareingenieur war ursprünglich für ein weiterführendes Studium nach Deutschland gekommen. Als er dieses aber aus finanziellen und persönlichen Gründen abbrach, verlor er auch sein Aufenthaltsrecht.

Mittlerweile hat es der Marokkaner durch die Beziehung zu einer Hamburgerin und ein gemeinsames Kind aber doch noch geschafft, eine Aufenthaltsberechtigung zu bekommen. Er verklagt seinen ehemaligen Arbeitgeber nun auf noch ausstehende Lohnzahlungen von 2681,75 Euro. Eine erste mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht soll im Januar stattfinden.

Die Aussichten für Ali K. stehen nicht schlecht. Gerade erst ist es dem DGB gelungen, rund 20 000 Euro an ausstehenden Löhnen für drei Bulgaren zu erkämpfen, die bei einem anderen Unternehmen beschäftigt waren. "Nur weil Menschen keine Aufenthaltserlaubnis haben, verlieren sie nicht automatisch ihre Rechte als Arbeitnehmer", sagt die Leiterin der Beratungsstelle MigrAr, Emilija Mitrovic. Allerdings müssten die betroffenen Beschäftigten möglichst genau dokumentieren können, wo und wie lange sie gearbeitet hätten.

Zudem kann es den illegal beschäftigten Mitarbeitern passieren, dass das Arbeitsgericht ihre Daten an die Staatsanwaltschaft weiterleitet und sie selbst im Anschluss strafrechtlich belangt werden. Um dies zu verhindern, fordert der DGB, die Gerichte von der entsprechenden Melde- und Übermittlungspflicht künftig auszunehmen. Zudem drängt die Gewerkschaft auf die Wiedereinführung eines Korruptionsregisters in Hamburg, um diejenigen Firmen, die sich die illegale Beschäftigung zunutze machen, an den Pranger stellen zu können.

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