EZB fordert rasche Maßnahmen gegen die Krise. Europas Banken brauchen 220 Milliarden Euro

Frankfurt/Main. Die Europäische Zentralbank (EZB) malt ein düsteres Bild der Lage. Die Finanzstabilität im Euro-Raum ist nach Einschätzung der Notenbanker so stark gefährdet wie nie seit der Lehman-Pleite im Herbst 2008. Letztlich hätten sich die Spannungen auf dem Markt für Staatsanleihen gepaart mit schon vorhandenen Problemen vieler Geschäftsbanken derart verstärkt, "dass sie Dimensionen einer systemischen Krise annahmen, wie sie seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers vor drei Jahren nicht zu beobachten war", schreibt die EZB in ihrem Finanzstabilitätsbericht.

Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers Mitte September 2008 hatte weltweit Schockwellen ausgelöst. Staaten und Notenbanken pumpten in der Folge Milliarden in die Märkte, um den Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern. In der zweiten Jahreshälfte 2011 hätten die Risiken für die Finanzstabilität im Euro-Raum "beträchtlich" zugenommen. Die Turbulenzen um verschuldete Euro-Staaten griffen zunehmend auf Geschäftsbanken über.

Gestern wies EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio bei der Vorstellung des Berichts darauf hin, dass sowohl Staaten als auch Banken im Euro-Raum in den nächsten Jahren etliche Milliarden benötigen, um Schulden zu tilgen. Das sei kein leichtes Unterfangen. Für Banken belaufe sich der Bedarf allein im ersten Quartal 2012 auf 220 Milliarden Euro. Die EZB sei bemüht, mit Zinsen auf Rekordtief die Konjunktur anzukurbeln, und mit einem Maßnahmenpaket den von Staatsschulden- und Vertrauenskrise gebeutelten Banken auf die Beine zu helfen. Der Euro-Raum befinde sich an einem Wendepunkt.

Die Finanzminister der Europäischen Union haben sich gestern Abend in einer mehrstündigen Telefonkonferenz nicht auf eine Aufstockung des Internationalen Währungsfonds (IWF) um die geplanten 200 Milliarden Euro einigen können. Stattdessen kamen nur 170 Milliarden im Kampf gegen die Schuldenkrise zusammen. Die 17 Länder der Euro-Zone tragen mit bilateralen Krediten in Höhe von 150 Milliarden Euro den Löwenanteil der Lasten. Beiträge kämen auch aus Tschechien, Dänemark, Polen und Schweden, teilte der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker in Brüssel mit, ohne jedoch genaue Zahlen zu nennen.