Oberlandesgerichte untersagen Banken Bearbeitungsgebühren von bis zu 3,5 Prozent. Erste Kreditinstitute verzichten freiwillig.

Hamburg. Verbraucher können sich auf günstigere Konsumentenkredite freuen. Alle Banken müssen wohl demnächst auf bisher erhobene Bearbeitungsgebühren von bis zu 3,5 Prozent der Kreditsumme verzichten. Einige Institute haben die Gebühren bereits gestrichen. "Innerhalb eines Jahres haben acht Oberlandesgerichte (OLG) die Kreditbearbeitungsgebühr für unzulässig erklärt", sagt Wolfgang Benedikt-Jansen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, dem Abendblatt. Reihenweise hat die Schutzgemeinschaft für Bankkunden Geldhäuser verklagt, auf die Kreditgebühr zu verzichten. Benedikt-Jansen hat einige dieser Verfahren geführt.

Erst kürzlich erging ein Urteil des OLG Celle gegen die Volksbank Uelzen-Salzwedel (3 W 86/11). Zwei Prozent Bearbeitungsgebühr oder mindestens 100 Euro dürfen jetzt nicht mehr von den Kunden kassiert werden. Sonst droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Nach Einschätzung der Richter ist das Bearbeitungsentgelt nicht zulässig. Die Prüfung der Bonität des Kunden sei keine Dienstleistung für den Kunden, sondern erfolge ausschließlich im eigenen Vermögensinteresse der Bank, heißt es in dem Urteil, das dem Abendblatt vorliegt. Auch die Tatsache, dass der Kunde über die Höhe der Bearbeitungsgebühr informiert wird, ändere nichts an der Unzulässigkeit, argumentieren die Richter.

+++ Ratenkredit oft günstiger +++

Bei ihrer Entscheidung gegen die Banken stützen sich die Richter auf zahlreiche vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgestellte Rechtsgrundsätze. Ähnlich begründeten die Oberlandesgerichte in Bamberg, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamm, Karlsruhe und Zweibrücken ihre Entscheidungen. Fast alle Urteile sind rechtskräftig. Lediglich die Sparkasse Chemnitz hat gegen das Urteil des OLG Dresden Revision beim BGH eingelegt. Die Entscheidung wird wahrscheinlich in der zweiten Jahreshälfte 2012 fallen. Benedikt-Jansen ist überzeugt, dass auch der BGH ein Urteil im Interesse der Verbraucher fällen wird. "Es wäre ungewöhnlich, dass acht OLG die vom BGH aufgestellten Grundsätze über die Zulässigkeit von Bankgebühren falsch verstanden haben", sagt Benedikt-Jansen.

So lange wollen einige Banken nicht warten. "Wir haben die Bearbeitungsgebühren aufgrund der OLG-Urteile bereits abgeschafft", sagt Heidi Melis von der Hamburger Volksbank. Die Kunden sparen so zwei Prozent, mindestens 100 Euro. Auch die Hamburger Sparkasse (Haspa) denkt um. "Wir werden für private Ratenkredite ab Anfang 2012 keine Bearbeitungsgebühr mehr erheben", kündigt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg an. Bei der Postbank, die noch drei Prozent Bearbeitungsgebühr verlangt, werde das Thema "hausintern diskutiert", auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung, wie ein Sprecher sagt. Ob die Gebühr abgeschafft wird, steht aber noch nicht fest.

Noch mindestens jede zweite Bank verlangt eine Bearbeitungsgebühr für Konsumentenkredite, sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Bei einer Kreditsumme von 10 000 Euro und einer Gebühr von drei Prozent sind das 300 Euro zusätzliche Kosten für den Kunden. Um diesen Betrag erhöht sich dann die Kreditsumme, und die Gebühr muss in den effektiven Jahreszins eingerechnet werden. Die großen Institute wie Deutsche Bank, Commerzbank und HypoVereinsbank verlangen alle noch drei Prozent Bearbeitungsgebühr. "Bei Direktbanken wie Netbank oder ING-DiBa kommen Kunden dagegen ohne zusätzliche Gebühren zu einem Kredit", sagt Herbst. Der Konditionenvergleich zeigt: Kredite mit niedrigen Zinsen haben meist keine Bearbeitungsgebühr mehr. Dagegen sei bei Immobilienkrediten die Bearbeitungsgebühr kaum noch ein Thema, sagt Herbst.

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Die meisten Banken werden die Bearbeitungsgebühr aber nicht freiwillig streichen. "Das ist für die Institute ein einträgliches Geschäft", sagt Jörg Sahr von "Finanztest". Allein in den vergangenen drei Jahren wurden Ratenkredite von mehr als 200 Milliarden Euro vergeben. "Deshalb wollen die Banken die Abschaffung möglichst lang hinauszögern und setzen außerdem darauf, dass viele Altfälle verjähren", sagt Sahr.

Nach Ansicht der Banken erfolgt die Verjährung schon drei Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Gebühr bezahlt wurde. Experten der Verbraucherzentralen sehen den Beginn der Dreijahresfrist erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Kunde den Kredit zurückgezahlt hat. Dann könnten viel mehr Kunden die Bearbeitungsgebühr zurückfordern. Auch eine andere Sicht ist einleuchtend: Die Verjährung kann erst mit dem Zeitpunkt beginnen, zu dem die Kunden von der Unzulässigkeit der Gebühr erfahren haben. Wahrscheinlich werden auch über die Verjährung erst die Gerichte entscheiden müssen.

Dennoch sollte der Verbraucher handeln. "Er kann die Gebühren von seiner Bank mit Verweis auf die Urteile zurückfordern", sagt Hjördis Christiansen von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Dazu werden wir in Kürze ein Musterschreiben auf unsere Internetseite stellen." ( www.vzhh.de ). Weigert sich die Bank, kann eine Beschwerde beim Ombudsmann der Banken helfen. "Dieser Schritt hat den Vorteil einer verjährungshemmenden Wirkung", sagt Benedikt-Jansen. Auch die Schutzgemeinschaft der Banken ist weiterhin bereit, die Banken zu verklagen, um den Druck auf die Branche zu erhöhen.