EZB-Präsident warnt vor Kreditklemme. Banken verleihen immer weniger Geld an Unternehmen

New York. Die US-Kundschaft kehrt ausländischen Banken den Rücken. Seit dem Sommer ziehen die Amerikaner offenbar wegen der Schuldenkrise reihenweise ihr Geld von den US-Töchtern ausländischer Kreditinstitute ab. Das legen zumindest offizielle Zahlen nahe. Auch viele europäische Häuser sind demnach betroffen, darunter die Deutsche Bank.

Nach Daten der Notenbank Fed fielen die Einlagen bei US-Töchtern von ausländischen Instituten im November auf 879 Milliarden Dollar (677 Milliarden Euro). Ein Jahr zuvor waren es noch 1056 Milliarden Dollar, bis zum Mai kletterten die Einlagen sogar auf 1171 Milliarden Dollar. Seitdem ging es nur noch bergab, berichtete die "Financial Times". Bei den US-Banken zeigt sich für den gleichen Zeitraum das gegenteilige Bild. Hier fließt Geld zu.

Der Einbruch der Einlagen resultiert aber nicht nur aus dem gestiegenen Misstrauen gegenüber europäischen Banken. So verkleinern etwa viele Institute wie die britische HSBC und die niederländische ING ihr US-Geschäft ganz bewusst. Zudem gilt das von den internationalen Geldhäusern dominierte Geschäft mit langfristigen Sparprodukten in den USA angesichts der niedrigen Zinsen derzeit als wenig attraktiv. Bei der Deutsche Bank Trust Company Americas gingen die Einlagen im Laufe des dritten Quartals um 2,1 Milliarden Dollar oder 6,8 Prozent zurück, wie aus Daten der staatlichen Einlagensicherung FDIC hervorgeht. Bei der US-Tochter der britischen Großbank Barclays sanken die Kundengelder um knapp 400 Millionen Dollar oder 5,6 Prozent. Viele US-Anleger fürchten offenbar, dass die Häuser in den Strudel der Schuldenkrise gezogen werden könnten. Die Rating-Agenturen haben deshalb bereits Bonitätsnoten gesenkt.

Unterdessen warnte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, vor einer Kreditklemme in Europa. Weil die Banken Risiken scheuten, sehe er eine geringere Bereitschaft zum Geldverleih an die reale Wirtschaft, sagte Draghi gestern. Sollte dieser Trend zunehmen, könnte Europa aus seiner Sicht schweren Schaden nehmen. Draghi bezog sich damit auf die wachsenden Sorgen auch deutscher Unternehmen, die über Probleme mit den Banken klagen. Sie brauchen Geld von den Instituten, um kurzfristige Anschaffungen und Produktionsmittel vorzufinanzieren, treffen aber auf immer knauserigere Banken.

Grund dafür sei, dass die Banken in Europas Wirtschaft viel stärker verankert seien. In den USA hingegen haben auch Mittelständler leicht Zugang zum offenen Kapitalmarkt. Damit können sie sich direkt Geld von Investoren leihen und das Bankwesen damit umgehen. Das ist in der Euro-Zone so nicht möglich. Für die Geldpolitik der EZB habe das einschneidende Wirkung, sagte Draghi. So habe die Notenbank den Leitzins mittlerweile auf ein Prozent gesenkt.