Nur 7,2 Prozent der Hamburger waren im November ohne Job. So wenig wie seit November 1993 nicht mehr. Es gibt viele freie Stellen.

Hamburg. Selten waren die Chancen für qualifizierte Arbeitslose besser, schnell wieder einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Allein die Hamburger Otto Group meldet bundesweit knapp 600 freie Stellen, die wieder zu besetzen sind. "Nimmt man noch Praktikanten und Aushilfen für das Weihnachtsgeschäft hinzu, sind es etwa 800 freie Stellen", sagt Unternehmenssprecherin Jennifer Buchholz dem Abendblatt. Die Asklepios-Kliniken haben 135 Stellen ausgeschrieben. "Wir suchen Fachkräfte für die Pflege wie auch Ärzte", sagt Unternehmenssprecher Mathias Eberenz. Auch im nächsten Jahr sei ein weiterer Stellenaufbau geplant.

Von Krise ist auf dem Hamburger Arbeitsmarkt noch nichts zu spüren. Im November waren rund 66 800 Hamburger arbeitslos gemeldet. "Mit einer Arbeitslosenquote von 7,2 Prozent haben wir den niedrigsten Stand seit November 1993 erreicht", sagt Hans Martin Rump, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit. Im Vergleich zum gleichen Vorjahresmonat sank die Arbeitslosigkeit um 3,4 Prozent. Auch zum Oktober 2011 ging die Arbeitslosigkeit um 2,9 Prozent zurück. "Hamburg verzeichnet einen sehr stabilen Beschäftigungszuwachs, der sich vor allem in den Bereichen Gesundheits- und Sozialwesen, Handel, Finanzen und Versicherung sowie Verkehr und Logistik abzeichnet", sagt Rump. Gerade im Bereich der Finanzdienstleistungen beobachte man eine Umwandlung von freier Vermittlertätigkeit in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Auch für das nächste Jahr rechnet Rump noch mit einem weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit. "Wir haben keine Hinweise darauf, dass sich die Lage dramatisch verschlechtern wird." Das zeige sich auch an der minimalen Nutzung der Kurzarbeit durch Unternehmen.

Bei Otto wird für rund 65 Prozent der freien Stellen ein Hochschulabschluss benötigt. Doch nicht nur mit einem Studium haben Jobsuchende in Hamburg gute Chancen. Von den allein bei der Arbeitsagentur gemeldeten 16 357 freien Stellen in Hamburg entfallen nur rund 4300 auf Jobangebote, die ein Hoch- oder Fachhochschulstudium erfordern. Die übrigen freien Stellen entfallen auf Facharbeiter, Meister und Techniker. Auch Ungelernte haben bedingt Chancen, einen neuen Job zu finden. Für sie gibt es bei der Arbeitsagentur der Hansestadt rund 2000 freie Stellen. Die Handelskammer Hamburg geht aber davon aus, dass nicht jede freie Stelle der Arbeitsagentur gemeldet wird. "Deshalb rechnen wir in Hamburg mit rund 33 000 unbesetzten Stellen", sagt Günther Klemm, Chevolkswirt der Handelskammer. Auch die Arbeitsagentur Hamburg stimmt auf Nachfrage dieser Schätzung zu.

Die Zeit, die Arbeitslose brauchen, um einen neuen Job zu finden, wird derweil immer kürzer. Das bestätigt Vanessa Klammer. Ihr befristetes Arbeitsverhältnis bei einer Privatschule läuft zum 31. Januar 2012 aus. Doch schon seit Anfang diesen Monats hat sie eine unbefristete Stelle als Buchhalterin bei der Hamburger Dachdeckerei Bellmann gefunden. Ihr Arbeitgeber ließ sie vorzeitig ziehen. "Mit zwei Kindern wollte ich erst gar nicht in die Arbeitslosigkeit fallen", sagt die 40-Jährige. Bereits drei Monate vor Ende ihrer Beschäftigung meldete sie sich bei der Arbeitsagentur und suchte selbst in der Jobbörse nach freien Stellen.

Spätestens fünf Werktage nachdem Beschäftigte von ihrer Kündigung erfahren haben, müssen sie sich bei der Arbeitsagentur melden. Sonst drohen Kürzungen beim Arbeitslosengeld. Über die Telefonnummer 01801 555 111 ist die Arbeitslosenmeldung tagsüber möglich.

"Bewerber, die sich schon während der Kündigungsphase mit der Arbeitsvermittlung in Verbindung setzen, können oft von einem Beschäftigungsverhältnis in ein anderes vermittelt werden", sagt Rump. "Jeder Sechste, der in den ersten zehn Monaten 2011 von Kündigung bedroht war, konnte nahtlos in einen neuen Job wechseln." Insgesamt betraf das 5000 Beschäftigte in Hamburg. "Der neue Arbeitgeber erhält einen Top-Kandidaten und der Arbeitnehmer hat keine finanziellen Einbußen", sagt Rump. Denn nach seiner Einschätzung verschlechtert sich auch die Position des Arbeitnehmers bei den Gehaltsverhandlungen, wenn der Betreffende erst einmal arbeitslos ist. Auch Arbeitgeber bevorzugten Kandidaten, die noch in einem Arbeitsverhältnis stünden. Für die Arbeitsagentur zahlt sich die frühe Vermittlung finanziell aus. "Bei einem durchschnittlichen Arbeitslosengeld von 862 Euro und einer Bezugsdauer von nur einem Monat reduzieren wir bei 5000 Personen die Ausgaben für die Beitragszahler um 4,3 Millionen Euro", rechnet Rump vor.

Auch bundesweit fiel die Zahl der Arbeitslosen stärker als für die Jahreszeit üblich. Mit 2,71 Millionen waren 24 000 Personen weniger arbeitslos als im Monat zuvor. Das ist die geringste November-Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren. Die Arbeitslosenquote liegt bei 6,4 Prozent. "Die Schuldenkrise in Europa und die Anzeichen für eine Wirtschaftsabschwächung lassen den Arbeitsmarkt noch unberührt", sagte Heinrich Alt, Vorstand der Bundesagentur für Arbeit. Auch das günstige Wetter habe einen Beitrag zur Entlastung des Arbeitsmarktes im November geleistet.