Laboringenieur entwickelt Öl-Wachs-Gemisch, um Fahrbahnbeläge wiederzuverwerten. Stadt erhält dafür Preis für innovativen Straßenbau.

Hamburg. Wenn Gerhard Riebesehl über Asphalt spricht, leuchten seine Augen. Für ihn ist der Straßenbelag zu seiner persönlichen Mission für den Umweltschutz geworden. "Je weniger neue Rohstoffe wir verwenden, umso mehr schonen wir die Umwelt und vermeiden klimaschädliches Kohlendioxid. Das sind wir unseren Enkeln schuldig", sagt der Laboringenieur mit voller Überzeugung. Dem 65-Jährigen ist in dem Bereich bereits ein wegweisender Durchbruch gelungen. Der Hamburger hat ein Verfahren mitentwickelt, mit dem alter Asphalt zu fast 100 Prozent recycelt und im Straßenbau wiederverwendet werden kann. "Der aufbereitete Belag ist so stabil wie ein neuer und zudem 30 Prozent günstiger", sagt Riebesehl.

Für die Anwendung seines "grünen Asphalts" als 500 Meter lange Teststrecke am Pollhornweg im Hafen ist die Stadt Hamburg gestern beim ADAC-Wettbewerb "Erfolgskonzepte in der kommunalen Straßenerhaltung" mit dem Preis für "Innovative Bauweisen" ausgezeichnet worden. "Die Vollrecyclingmethode setzt Maßstäbe in puncto Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit sowie Umwelt- und Ressourcenschonung", so die Jury. Auch Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) sieht in dem Verfahren "einen großen Fortschritt, der Ökologie und Ökonomie in beispielhafter Weise verbindet." Die viel befahrene Teststrecke in Wilhelmsburg habe sich bisher bewährt. Bleiben die Ergebnisse gut, werde der Einsatz von Recycling-Asphalt in Hamburg in Zukunft verbindlich, so der Senator.

Gut 40 Jahre lang hat sich Riebesehl mit der Produktion von Asphalt beschäftigt, zunächst als Laborleiter bei den ehemaligen Hamburger Asphaltmischwerken. 2006 gelang Riebesehl der Durchbruch. Zusammen mit Kollegen aus den Firmen Sasol Wax und der Hamburger Niederlassung von Deutag entwickelte er ein spezielles Öl-Wachs-Gemisch, mit dem gebrauchter Asphalt in seine ursprüngliche Konsistenz verwandelt werden kann. Mittlerweile setzt er dieser Mischung noch klein geschredderten Gummi von ausgedienten Lkw-Reifen zu. "Dadurch wird der Belag noch elastischer und standfester. Sowohl bei Minusgraden als auch bei Hitze reißt er nicht so schnell", so Riebesehl. Hergestellt wird das Pulver Storelastic in Chemnitz.

Straßenbau ist ein milliardenschweres Geschäft. Allein der Bund investiert dieses Jahr rund 4,8 Milliarden Euro in Fernstraßen. Hamburg steckt in den Straßenbau 52 Millionen Euro in diesem und 58 Millionen Euro im nächsten Jahr. In Deutschland werden jährlich rund 45 Millionen Tonnen Asphalt produziert, weitere rund 14 Millionen Tonnen fallen jährlich als "Ausbauasphalt" an. Bisher wurden von diesem alten Asphalt rund 80 Prozent wiedergewonnen. Ein Teil landete in den unteren Schichten im Straßenbau oder als Füllmaterial in Lärmschutzwänden. Die komplette Wiederverwertung auch auf den oberen Schichten im Straßenbau sei unterdessen "revolutionär" und "ein Schritt mit Zukunft", sagt der Sprecher des Deutschen Asphaltverbands (DAV), Bernd Hinrichs.

In der Praxis sieht dies so aus: Zunächst wird die obere Straßenschicht abgefräst. Der abgetragene Asphalt wird mit dem Zusatzgemisch aus Öl und Wax erhitzt, aufbereitet und als neuer Belag aufgetragen. "So landet der alte Asphalt mit neuer Elastizität wieder auf der Straße", sagt Riebesehl. Für die Beständigkeit gebe es vier Jahre Garantie.

Neben dem Umweltnutzen zahlt sich das Recycling auch wirtschaftlich aus. Asphalt besteht aus einer Mischung von Gesteinen, die durch Bitumen als Klebstoff zusammengehalten wird. Bitumen ist ein Mineralölprodukt, das nicht nur endlich, sondern auch teuer ist. "Obwohl Bitumen nur fünf Prozent des Asphalts ausmachen, entfallen auf den Stoff 50 Prozent der Kosten", rechnet Riebesehl vor. Je mehr Bitumen wiederverwertet wird, desto besser.

Als Geschäftsführer der Storimpex Asphaltec in Glinde reist Riebesehl derzeit durchs In- und Ausland, um für seine neue Entwicklung Kunden zu werben. Insbesondere in Russland, Brasilien und Australien sieht das Unternehmen große Chancen. Aber auch für Deutschland hofft Riebesehl, dass noch mehr Gemeinden auf die neue Technologie setzen. Bisher werde sein Verfahren in Niedersachsen, Baden-Württemberg und in Dortmund verwendet.

Asphaltec ist eine von 15 Gesellschaften des Handelshauses Storimpex, das auf den Handel mit industriellen Nebenprodukten, die Verwertung von Produktionsabfällen sowie den Vertrieb von nachwachsenden Rohstoffen aktiv ist und rund 25 Mitarbeiter beschäftigt. Der Geschäftsführer der Storimpex-Gruppe, Gunnar Winkelmann, sieht für die neue Asphaltaufbereitung gute Chancen. "Noch sind die Umsätze mit dem Zusatz gering. Spätestens 2012 könnte erstmals ein Millionenbetrag damit umgesetzt werden."

Riebesehl hofft, dass wie bei Altpapier oder Glas üblich, auch Recycling von Asphalt eine Selbstverständlichkeit wird: "In gebrauchtem Asphalt steckt ein großes Rohstoffpotenzial. Das Geld liegt auf der Straße."