Die Otto-Gruppe den leitet Rückzug aus dem Touristikgeschäft ein. Raiffeisenbank soll 370 Reisebüros und Onlineportale kaufen.

Hamburg. Unruhen in den Tourismusregionen Ägypten und Tunesien, ein ruinöser Preiskampf mit Online-Portalen und ein immer stärkerer Konkurrenzdruck: Für die deutschen Reisebüros wird der Kampf ums Überleben immer härter. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Verkaufsstellen in Deutschland fast halbiert.

Angesichts solch negativer Vorzeichen leitet nun die Hamburger Otto-Gruppe den Rückzug aus dem Touristikgeschäft ein. Anfang kommenden Jahres will sich der Versandhandelskonzern zunächst von 49 Prozent der Tochtergesellschaft Otto Freizeit und Touristik (OFT) trennen. Die Minderheitsbeteiligung übernimmt die VR meine Raiffeisenbank Altötting-Mühldorf. Mitte 2014 haben die Bayern dann die Möglichkeit, die Touristikgesellschaft komplett zu erwerben.

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"Wir betrachten den Tourismusbereich nicht als unser Kerngeschäft und wollen uns schon seit Längerem davon trennen", sagte Otto-Sprecher Thomas Voigt dem Abendblatt. Mit 370 Reisebüros der Kernmarke Reiseland ist OFT die größte, veranstalterunabhängige Kette in Deutschland. Zur Tochtergesellschaft zählen zudem die Internetportale flug.de, travel-overland.de und travelchannel.de. Im Jahr 2009 kam das Unternehmen nach Informationen des Branchenmagazins "fvw" auf einen Gesamtumsatz von 759 Millionen Euro. Konzernsprecher Voigt wollte hingegen keine genauen Geschäftszahlen nennen. Insgesamt beschäftigt OFT rund 650 Mitarbeiter, 110 davon in Hamburg.

"Wir wollen die Otto-Tochtergesellschaft bis 2014 ganz übernehmen und die Reisebüros mit unseren bestehenden Aktivitäten im Tourismusbereich zusammenführen", sagte der Vorstandsvorsitzende der VR meine Raiffeisenbank Altötting-Mühldorf, Wolfgang Altmüller. Die Struktur von OFT solle aber erhalten bleiben. Die traditionsreiche Genossenschaftsbank ist nach eigenen Angaben schon seit 1962 im Geschäft mit Urlaubsreisen aktiv. Das Kreditinstitut betreibt 90 Reisebüros unterschiedlicher Marken in Deutschland, sowie 100 weitere in den Niederlanden. Zudem arbeitet die Bank mit der Raiffeisen-Tours-Kooperation zusammen, zu der sich 3500 selbstständige Reisebüros in Deutschland zusammengeschlossen haben.

Trotz des schwierigen Umfelds sieht Altmüller nach wie vor einen großen Bedarf für Reisebüros in Deutschland. "Insbesondere bei komplizierten Reisen, Umbuchungen oder Unruhen wie in Nordafrika sind die Kunden froh, wenn sie in den Reisebüros kompetente Ansprechpartner finden", sagte er. "Wir freuen uns, gemeinsam mit allen Mitarbeitern und den Verantwortlichen bei OFT die Weichen für eine positive Zukunft zu stellen."

Größere Veränderungen sind bei der Otto-Tochter in den kommenden zwei Jahren nicht geplant. Auch die Zentrale der Touristikgesellschaft soll vorerst in Hamburg bleiben. Wie es nach der Komplettübernahme durch die Genossenschaftsbank weitergeht, steht allerdings noch nicht fest.

Der Otto-Konzern ist seit Anfang der 90er-Jahre im Reisebürogeschäft aktiv. Damals übernahmen die Hamburger den Anbieter Reiseland mit gerade einmal 30 Büros und bauten ihn Stück für Stück zu einer bedeutenden Kette aus. Im Jahr 2005 kauften die Hanseaten die Büros eines Schweizer Konkurrenten und kamen so auf 450 Filialen. Danach jedoch wuchs in Hamburg die Unzufriedenheit über die Renditen des Tochterunternehmens, das im Gegensatz zu großen Veranstaltern wie TUI nur Reisen vermittelt, aber nicht die ganze Wertschöpfungskette mit Hotels und Flugreisen abdeckt.

Im Jahr 2009 stellte Otto die Tochtergesellschaft dann erstmals zum Verkauf, konnte sich mit Interessenten aber noch nicht auf einen angemessenen Preis einigen.