EU-Kommissionspräsident Barroso will morgen drei Varianten solcher Papiere vorschlagen - und kritisiert Deutschland

Brüssel. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso treibt seine Planungen für gemeinsame europäische Staatsanleihen voran. Wenn gleichzeitig die Haushaltsdisziplin gestärkt werde, könnte schon die Aussicht auf solche Papiere die Schuldenkrise "rasch abmildern". So steht es in einem Diskussionspapier, das die EU-Kommission morgen beschließen will, um die sogenannten Euro-Bonds auf den Weg zu bringen.

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" will Barroso drei Varianten für die Einführung sogenannter Euro-Bonds vorlegen. Tags darauf sollten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der neue italienische Ministerpräsident Mario Monti bei ihrem Gipfelgespräch in Straßburg darüber beraten, heißt es in dem Bericht.

Möglich seien klassische Anleihen mit gesamtschuldnerischer Haftung für alle Schulden, klassische Anleihen mit Haftung bis zu einer bestimmten Schuldengrenze sowie begrenzt gemeinschaftliche Schuldscheine, für die jedes Land einzeln anteilig haftet.

Für die ersten beiden Varianten müssten Experten zufolge die europäischen Verträge stark geändert werden. Sie verbieten bisher, dass Euro-Länder gemeinschaftlich für Schulden haften.

Die dritte Variante wäre "nur mit einer kleinen Verzögerung" umsetzbar und für die Bekämpfung der jetzigen Krise geeignet, schreibt das Blatt. Voraussetzung für jede Art von gemeinsamer Schuldenfinanzierung sei es, die finanzpolitische Kontrolle zu verstärken. Das werde dazu führen, dass Hauptstädte Kompetenzen nach Brüssel abgeben müssten.

Anders als Deutschland geht die Kommission dem Bericht zufolge davon aus, dass gemeinschaftliche Anleihen des Euro-Klubs signifikante Vorteile bringen. In einer Machbarkeitsstudie zur Einführung der Anleihen, die dem Blatt vorliegt, heiße es, gemeinsam ausgegebene Schuldscheine würden "die Euro-Zone stabilisieren, den Finanzsektor widerstandsfähiger und die Refinanzierung der staatlichen Schulden billiger machen". Der europäische Anleihemarkt würde größer und attraktiver für Investoren aus aller Welt.

Für Berlin ist die Schuldenaufteilung bislang ein rotes Tuch. Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte zuletzt in der vergangenen Woche, dadurch entfalle der Spardruck auf die Sorgenkinder wie Griechenland, Italien, Spanien oder Portugal. Doch wegen der zuletzt gefährlich gestiegenen Kreditkosten für immer mehr Euro-Staaten, darunter auch Frankreich, sieht Barroso keine Alternative zu der Wunderwaffe. "Wir sind wegen eines Mangels an Disziplin in unserer heutigen Lage", sagte Barroso und kritisierte gestern implizit auch Deutschland, ohne es namentlich zu nennen: "Es waren die europäischen Regierungen - übrigens auch einige Regierungen, die sich als Inbegriff der Tugendhaftigkeit darstellen - die gegen die Disziplin verstoßen haben." Deshalb sei es jetzt nötig, "Stabilitätsanleihen" mit noch stärkerer Kontrolle der Haushaltsdisziplin zu verbinden.

Unterdessen hat der neue griechische Ministerpräsident Lukas Papademos bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel um Vertrauen in seine Regierung geworben. Den von den Euro-Partnern verlangten Brief, in dem sich auch die beiden wichtigsten griechischen Parteien zum dauerhaften Sparen verpflichten, brachte er aber nicht mit. Es sei "Sache der Parteiführer", die Unterschrift zu leisten, sagte Papademos. Damit bleibt eine Bedingung der Euro-Gruppe zur Auszahlung der nächsten Notkredite unerfüllt. Der Regierungschef äußerte jedoch Verständnis für die Forderung der Euro-Zone.