Der Chef von Qatar Airways brüskiert zunächst den europäischen Luftfahrtkonzern, bestellt dann aber doch Flieger für 6,4 Milliarden Dollar.

Dubai. Das war ein turbulenter Auftakt für Airbus auf der Dubai Airshow: Erst musste der europäische Flugzeugbauer mit ansehen, wie der US-Rivale Boeing gleich zu Beginn der wichtigsten Luftfahrtmesse im Mittleren Osten einen Rekordauftrag von Emirates einstrich - gleich 50 seiner 777-Maschinen darf der US-Hersteller für die arabische Fluglinie bauen. Wert: 18 Milliarden Dollar (13,3 Milliarden Euro). Und dann stellte Akbar Al Baker, der charismatische Chef von Qatar Airways, die EADS-Tochter öffentlich bloß.

Eigentlich wurde seit Monaten bereits erwartet, dass Qatar Airways in Dubai bei Airbus fünf A380-Großraumflugzeuge und 50 Mittelstreckenflieger vom Typ A320neo bestellen würde. Doch stattdessen pokerte Al Baker um den Milliardenauftrag. Am Montag ließ er eine Pressekonferenz platzen. Gestern lud er dann richtig durch: Wieder war eine Pressekonferenz angesetzt. Die Medienvertreter warteten. Dann wurde der Termin abgesagt. "Der Deal ist anscheinend zu heiß, um verdaut zu werden", orakelte ein Airbus-Sprecher. Nur wenige Minuten später betrat Qatar-Chef Al Baker plötzlich doch den Konferenzraum - um eine Bestellung von zwei Boeing 777-Frachtermaschinen im Wert von 560 Millionen Dollar zu verkünden.

Zu den Verhandlungen mit Airbus äußerte sich der Qatar-Chef zugleich allerdings alles andere als diplomatisch: "Wir dachten, dass wir zu einer Einigung kommen würden. Aber leider denke ich, dass Airbus noch dabei ist zu lernen, wie man Flugzeuge baut", sagte er. "Wir sind in einer Sackgasse angelangt."

Möglicherweise musste der europäische Flugzeugbauer einfach dafür büßen, dass er in der vergangenen Woche eine Verspätung von mehreren Monaten für seinen neuen Langstreckenjet A350 bekannt gegeben hat. Statt Ende 2013 soll er nun im ersten Halbjahr 2014 an Qatar als Erstkunden ausgeliefert werden. Ein echter Fauxpas, denn die zweitwichtigste Fluggesellschaft der Golf-Region ist zugleich der größte Abnehmer für die A350.

"Wir wurden über die Verspätungen informiert und akzeptieren das", sagte Al Baker schließlich. "Wir haben ein Abkommen für diese Verspätung." Sechs Monate Verspätung seien für ein solches Programm unbedeutend, erklärte er. "Aber alle Verspätungen darüber hinaus betreffen uns." Der Preis sei bei den Verhandlungen, die gestern zwischenzeitlich auf Eis gelegt wurden, nicht unbedingt das Thema, betonte er. Aus Airbus-Kreisen verlautete, dass der Qatar-Chef sehr hohe Forderungen hinsichtlich der Auslieferungszeiten gestellt habe.

Kurzum: Am frühen Dienstag zeigte sich Al Baker noch ziemlich skeptisch, dass Airbus und Qatar Airways bis zum Messeende am Donnerstag ins Geschäft kommen würden: "Wenn wir aus dieser Sackgasse rauskommen, fein. Wenn nicht - dann tschüs", fasste er lapidar zusammen. Wenige Stunden später dann der Paukenschlag: Qatar Airways erteilt Airbus einen Großauftrag: fünf A380-Großraumflieger und 50 Maschinen vom Typ A320neo, Auftragswert: 6,4 Milliarden Dollar - also doch alles wie geplant. Als Option bestellte Al Baker noch 30 weitere Neos und drei A380-Maschinen, und damit wirkte er ganz zufrieden: "Wir haben den Vertrag unterzeichnet und wollen nicht auf der Vergangenheit herumreiten", erklärte er. Immerhin hat seine Methode offenbar zum gewünschten Erfolg geführt, denn Airbus kündigte an, dass Qatar Airways den A320neo als erster Kunde erhalten werde.

Al Baker ist für seine hitzigen Auftritte bekannt. Sein Verhalten zeigt, wie selbstbewusst die aufstrebenden Fluggesellschaften aus der Golf-Region mittlerweile sind. Im September hatte es schon Boeing getroffen. Kurzerhand ließ der Qatar-Chef die anberaumte Zeremonie für die Erstauslieferung des B747-8 Frachters an Cargolux Airlines International aus Luxemburg platzen, da die Maschine zu schwer war und so nicht die versprochenen Treibstoffeinsparungen brachte. Qatar hält 35 Prozent des Kapitals von Cargolux.

Der Mittlere Osten gilt als eine der am schnellsten wachsenden Luftfahrt-Regionen - mit Flughäfen, die sich wie der Dubai International Airport zu wichtigen Drehkreuzen entwickelt haben. Und vor allem mit Fluggesellschaften wie Emirates und Qatar, die alteingesessene Airlines aus Europa auf dem Langstreckengeschäft das Fürchten lehren. Von der Schuldenkrise, die derzeit Europa bewegt, ist deshalb auf der Dubai Airshow auch nichts zu spüren.