Bruttoinlandsprodukt wächst um 0,5 Prozent. Anleger misstrauen zunehmend Staatsanleihen aus Kern-Europa

Wiesbaden/Brüssel. Konsumfreudige Verbraucher haben der deutschen Wirtschaft noch einmal einen Schub verliehen - bald jedoch dürfte die ausufernde Schuldenkrise ihren Tribut fordern. Im dritten Quartal legte die deutsche Konjunktur mit 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal kräftig zu, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. Auch das zweite war mit einem revidierten Plus von 0,3 statt bisher 0,1 Prozent robuster als zunächst errechnet. Deshalb sind Volkswirte optimistisch, dass im Gesamtjahr noch ein Wachstum von 3,0 Prozent erreicht werden könnte. Allerdings: Die Aussichten sind trübe.

Wachstumsimpulse kamen zuletzt vor allem aus dem Inland. Die Konsumausgaben stiegen, Unternehmen investierten wieder mehr in Maschinen und Anlagen. Dagegen trug der Außenhandel im dritten Quartal kaum zum Wachstum bei, weil Exporte und Importe in etwa gleich zulegten. Die Erwartungen von Finanzexperten sind im November den neunten Monat in Folge gefallen. Der entsprechende Index sank von minus 48,3 Punkten im Oktober auf minus 55,2 Punkte, so das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.

Die Euro-Zone steht am Rande der Rezession. Die beiden Schwergewichte Deutschland und Frankreich verhalfen dem Währungsgebiet im Sommer zwar noch zu einem Wachstum von 0,2 Prozent und verhinderten so eine Stagnation. Einige Länder meldeten aber sogar schon ein Schrumpfen der Wirtschaftskraft (siehe Tabelle). Wegen der Schuldenkrise droht um den Jahreswechsel in Europa eine kräftige Abkühlung. "Der entscheidende Punkt ist: Das ist alles Geschichte", sagte Jonathan Loynes, Chefvolkswirt von Capital Economics. "Die nach vorne gerichteten Indikatoren legen nahe, dass die Wirtschaft der Euro-Zone im vierten Quartal und darüber hinaus wahrscheinlich in die Rezession rutscht."

Das Misstrauen der Anleger gegenüber dem Krisenmanagement der Euro-Staaten erreichte unterdessen die Anleihen Kern-Europas. Investoren trennten sich im großen Stil von Bonds der bisher als noch grundsolide geltenden Länder Frankreich und Österreich. Die Renditen für zehnjährige französische Anleihen stieg auf 3,674 von 3,437 Prozent, österreichische Anleihen auf 3,704 nach 3,417 Prozent und belgische Anleihen zeitweilig auf mehr als fünf Prozent von 4,611 Prozent am Vorabend. Händler sprachen von Panik und Hysterie. "Es scheint, als ob die letzten Dämme brechen", sagte ein Analyst.

Italien musste zeitweise wieder mehr als sieben Prozent zahlen. An den Märkten werden solch hohe Renditen als untragbar für ein Euro-Land angesehen. Auch die Renditen der zehnjährigen spanischen Staatsanleihen zogen weiter über sechs Prozent an. Der Bund zahlt für zehnjährige deutschen Anleihen - sie werden als vergleichsweise sichere Anlage angesehen - hingegen nur noch 1,743 statt 1,787 Prozent.