Die Oetker-Tochter steuert von der Hansestadt aus ihr Geschäft mit der Finanzierung erneuerbarer Energien. Mit zunehmendem Erfolg

Hamburg. Stephan Schüller ist in Hamburg ein bekannter Mann, allerdings nicht so sehr wegen seiner jetzigen Position: Er war der letzte Chef der Vereins- und Westbank, die im Jahr 2004 in den Mutterkonzern HypoVereinsbank aus München integriert wurde. Seit 2006 ist Schüller Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter des Bielefelder Bankhauses Lampe, das der Oetker-Familie gehört. Zwar wohnt Schüller noch immer in Hamburg, aber auch hier ist er seinen neuen Kollegen nicht fern: "Hamburg ist der zweitgrößte Standort der Bank und der am stärksten wachsende."

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+++ Pizza-Hersteller will Bankhaus kaufen +++

Rund 60 der gut 620 Beschäftigten arbeiten in der Hansestadt, vor allem wird von hier aus ein immer bedeutenderes Geschäftsfeld geleitet: die Eigenkapitalfinanzierung im Bereich der erneuerbaren Energien. Das Herzstück ist ein Fonds, in den Profianleger wie Versicherer, Banken und Pensionskassen bisher 270 Millionen Euro eingezahlt haben. "Die Nachfrage steigt schon deshalb, weil dieser Anlegerkreis Alternativen zu Aktien und Anleihen sucht und weil ethische Motive beim Investieren immer größere Bedeutung erhalten", sagt Schüller. Ein Wachstum des Fonds auf 500 Millionen Euro sei keineswegs ausgeschlossen.

Über zusätzlich aufgenommenes Fremdkapital liege das verfügbare Investmentvolumen jedoch schon heute bei rund einer Milliarde Euro. Dabei fließt das Geld in direkte Beteiligungen an Firmen aus den Branchen Fotovoltaik, Windenergie, Biogas, Biomasse und Geothermie, aber auch in Solar- und Windparks sowie in Biogasanlagen, denn solche Investments bringen stabile Geldzuflüsse.

Geplant sei die Gründung einer eigenen Betriebsgesellschaft mit acht bis zehn Beschäftigten in Hamburg für die Windparks, so Schüller. Bisher habe man Verwaltungsaufgaben wie die Buchführung oder das Management der Einspeisevergütungen an externe Dienstleister vergeben, angesichts der nun erreichten Größenordnung will man diese Arbeiten künftig in eigener Regie erledigen.

Auch wenn die Subventionierung des mittels erneuerbarer Energien erzeugten Stroms stetig zurückgefahren wird, glaubt der Bankchef an weiteres Wachstum dieses Sektors. Dafür werde auch die schrittweise Einführung des Elektroautos sorgen: "Es wäre keine gute Idee, sie mit Strom aus Braunkohlekraftwerken aufzuladen."

Anfang kommenden Jahres will das Bankhaus einen neuen Fonds speziell für das Geschäft mit Biomasse auflegen. Hier gibt es nach Auffassung von Schüller noch viel Potenzial. So würden unter anderem künftig zunehmend Holzpellets in Kohlekraftwerken mit verfeuert, um auch dort einen regenerativen Energieträger einzusetzen.

Für Schüller gibt es eine einfache Erklärung dafür, warum sich gerade Lampe so stark in der Finanzierung von Öko-Energien engagiert: "Hier geht es um Verantwortung und um Langfristigkeit. Das passt gut zu einem inhabergeführten Unternehmen." Genau diese Langfristigkeit im Denken hat Schüller nach seinem Wechsel aus dem Chefsessel einer konzernabhängigen Bank zu der Oetker-Tochter schätzen gelernt. Doch auch im Hinblick auf die Verantwortlichkeit hat sich seitdem etwas geändert: "Ich hafte jetzt persönlich. Sollte ich die Bank an die Wand fahren, käme nicht der Rettungsfonds SoFFin, sondern der Gerichtsvollzieher käme zu mir nach Haus."

Für die aktuellen Protestkundgebungen gegen seine Branche hat Schüller nur begrenzt Verständnis: "Diese Kritik ist meist sehr undifferenziert. Ich wäre der Letzte, der bestreiten würde, dass bei einigen großen Investmentbanken sehr viel Unsinn getrieben wird. Aber der Begriff der Spekulation wird völlig missverstanden."

Schließlich sei jede Anlageentscheidung zwischen zwei Alternativen letztlich eine Spekulation: "Selbst wenn jemand heute einen Festzinskredit aufnimmt und nicht vielleicht erst später, spekuliert er darauf, dass die Zinsen nicht weiter sinken."

Vor allem aber trügen nicht - wie vielfach behauptet - die Banken die Hauptverantwortung für die Finanzkrise des Jahres 2008: "Der Ausgangspunkt war die von den Notenbanken betriebene Flutung der Märkte mit Geld nach dem Platzen der Internetblase und dem 11. September 2001."

Allerdings könne man heute beobachten, dass manche Banken schon wieder auf aggressive, nicht am Interesse des Kunden orientierte Verkaufsmethoden zurückkämen: "Da hat man nichts gelernt."