Stress im Job und Probleme lösen Depressionen aus. Bis zu 80 Fehltage im Jahr

Hamburg. 24,2 Prozent aller Krankmeldungen in Hamburg wurden im vergangenen Jahr durch psychische Diagnosen verursacht. Das ergab eine Studie der Barmer Krankenkasse. Die Fehltage deswegen lagen um 44,9 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Damit lag Hamburg zum wiederholten Mal an der Spitze aller Bundesländer. Ausgewertet hat die Barmer die Daten von 70 000 Erwerbstätigen in der Stadt. Während etwa wegen Depressionen (hochgerechnet auf jeweils hundert Versicherte) Patienten in der Stadt im Schnitt 80 Tage nicht am Arbeitsplatz sein konnten, lag dieser Wert bundesweit bei 63,9 Tagen. Andere Kassen vermelden ähnliche Werte. Die DAK hat festgestellt, dass es 2010 bei ihren Versicherten in Hamburg 26 Prozent mehr Fehltage durch psychische Krankheiten gab als bundesweit.

"Acht Prozent, also jeder 12. der 1,7 Millionen Hamburger ist derzeit wegen psychischer Probleme behandlungsbedürftig", sagte Thomas Grabenkamp, Geschäftsführer der Psychotherapeutenkammer Hamburg, dem Abendblatt. Bei der AOK Rheinland/Hamburg wird zurzeit jeder neunte Erkrankte wegen seelischer Probleme behandelt. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Laut AOK erhöhte sich die Anzahl der Ausfalltage im ersten Halbjahr 2011 nochmals um mehr als sechs Prozent. Die betroffenen AOK-Versicherten waren in der Zeit von Januar bis Ende Juni 119 Tage nicht am Arbeitsplatz.

Wegen mehr Stress im Job und Problemen mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nehmen Depressionen und ähnliche Leiden einen immer größeren Raum in der Gesundheitsstatistik der Krankenkassen ein. Laut der AOK Rheinland/Hamburg ist seit 1994 bei den Arbeitsunfähigkeitsfällen ein Anstieg der psychischen Erkrankungen von mehr als 100 Prozent, bei den Krankheitstagen um nahezu 90 Prozent zu verzeichnen. Zwar gelten vor allem Menschen zwischen 34 und 54 Jahren als gefährdet, aber auch bei jüngeren Beschäftigten treten die Symptome inzwischen vermehrt auf. Verantwortlich dafür dürfte laut Hans-Ulrich Wittchen, Direktor des Instituts für Klinische Psychologie und Psychotherapie der TU Dresden, ein Nebeneinander von Unter-, Mangel- und Fehlversorgung der Patienten sein.