Hersteller stellt seine Getränkekartons als vollständig wiederverwertbar dar. Umweltschützer: Irreführung der Verbraucher.

Hamburg. Ob Milch, Fruchtsäfte oder Mineralwasser: Tetra Paks zählen zu den beliebtesten Verpackungen in Deutschland. Rund fünf Milliarden der Getränkekartons werden Jahr für Jahr in der Bundesrepublik verbraucht. Und glaubt man dem Hersteller, dann handelt es sich dabei auch um eine besonders ökologische Form, Säfte oder andere Flüssigkeiten aufzubewahren. "Tetra Pak Getränkekartons stecken voller guter Ideen, die unsere Umwelt schonen", heißt es in einer aktuellen Anzeigenkampagne des hessischen Unternehmens. Die Vorteile reichten von der "Verwendung des nachwachsenden Rohstoffs Holz" über "vollständiges Recycling" bis hin zu "kontinuierlicher CO2-Reduktion".

Doch eben diese positiven Eigenschaften bestreitet nun die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Wegen Irreführung der Verbraucher hat die Organisation Klage beim Landgericht Wiesbaden gegen den Kartonhersteller eingereicht. "Die Behauptung von Tetra Pak, die Getränkekartons würden vollständig recycelt, ist schlichtweg falsch", sagt Maria Elander, Leiterin der Abteilung Kreislaufwirtschaft bei der DUH. Tatsächlich werde gerade mal ein Drittel der in Deutschland verkauften Getränkekartons wiederverwertet. Sie verlangte einen Stopp der Kampagne.

Getränkekartons bestehen zu etwa 75 Prozent aus Zellstoff sowie zu 21 Prozent aus Polyethylen und zu vier Prozent aus Aluminium. Während der Zellstoff für Kartons und Pappen wiederverwertet wird, werden die beiden anderen Bestandteile unter anderem in der Zementindustrie eingesetzt. Der Aluminium-Bestandteil verleiht Zement die nötige Schwere, Polyethylen wird zur Energieerzeugung verbrannt.

Nun finden nach Einschätzung der Umwelthilfe aber längst nicht alle Tetra Paks ihren Weg in die gelben Recyclingtonnen, sondern landen zu einem Viertel im Restmüll. Zudem würden in den Sortieranlagen die gesammelten Getränkekartons aus technischen Gründen nicht komplett für das Recycling aussortiert. Und schließlich könne nur beim Zellstoff von einer wirklichen Wiederverwertung die Rede sein. "Das Verbrennen von Verpackungsbestandteilen entspricht nicht der Vorstellung, die der normale Verbraucher von Recycling hat", sagte Expertin Elander dem Abendblatt.

Auch das vor zehn Jahren vom Umweltbundesamt verliehene Prädikat "ökologisch vorteilhaft" für Getränkekartons, das die Pfandfreiheit garantiert, hält Elander für fragwürdig. Die Verpackungen seien in den vergangenen Jahren deutlich schwerer geworden und würden mehr Kunststoffe und Aluminium enthalten. "Wenn der Verbraucher nicht mehr den Eindruck hat, mit dem Kauf eines Getränkekartons etwas Gutes für die Umwelt zu tun, wird er sich möglicherweise Mehrwegflaschen zuwenden", sagte Elander. Diese wiesen trotz ihres Gewichts und längerer Transportwege die bessere Ökobilanz auf als die Tetra Paks.

Eine Sprecherin von Tetra Pak bezeichnete die Kritik der Deutschen Umwelthilfe als "starken Tobak". "Unsere Aussagen zur Recyclingquote beziehen sich ausschließlich auf jene Verpackungen, die überhaupt in der gelben Tonne landen", sagte sie. Zudem seien die Berechnungen, die die Organisation angestellt habe, nicht nachvollziehbar und entsprächen auch nicht den Standards, die von den Behörden angelegt würden. Auch lasse sich die energetische Verwertung von Kunststoff oder Aluminium sehr wohl als Recycling werten.