Jobabbau bei den 2700 Beschäftigten des Elektronikkonzerns in Hamburg sei ebenfalls nicht ausgeschlossen. Neuer Chef greift durch

Hamburg. Es gibt Manager, die so eisern sparen, dass sie sich irgendwann selbst wegrationalisieren. Frans van Houten gehört zu diesen knallharten Sanierern. Finanzinvestoren tauschten ihn auf dem Chefsessel aus, nachdem er bei der ehemaligen Philips-Tochter NXP Massenentlassungen und Werksschließungen durchgesetzt hatte. Auch in Hamburg fielen bei dem Halbleiterhersteller in den vergangenen Jahren Hunderte Stellen weg.

Heute ist Frans van Houten Philips-Chef. Statt nur mit Halbleitern muss er sich inzwischen mit Röntgengeräten, Sparlampen, Rasierern und Heimkinos auskennen. Nicht ganz zufällig rügen Analysten Philips als Gemischtwarenladen - und wieder setzt der Niederländer in erster Linie auf eine Reduzierung der Kosten, um die Kritiker verstummen zu lassen . 4500 Arbeitsplätze will der 51-Jährige insgesamt streichen, teilte der Konzern gestern mit. Betroffen sind damit rund vier Prozent der Beschäftigten.

Ein harter Schnitt für einen Manager, der erst im April die Nachfolge des langjährigen Vorstandschefs Gerard Kleisterlee angetreten hatte. Inwieweit auch Hamburger Beschäftigte gehen müssen, ließ der Konzern offen. "Man kann nicht ausschließen, dass hier Arbeitsplätze wegfallen", sagte Philips-Sprecherin Cornelia Rauchenberger gestern dem Abendblatt. Allerdings deutet einiges darauf hin, dass in der Hansestadt mit ihren 2700 Philips-Beschäftigten nur unterproportional abgebaut wird. Allein 1400 Jobs sollen in der Zentrale in den Niederlanden gestrichen werden, bleiben 3100 einzusparende Stellen, die sich auf gut 100 000 Mitarbeiter weltweit verteilen. Zudem sollen hauptsächlich Verwaltungsjobs wegfallen, und an der Alster sind die Zentralfunktionen schon heute nur dünn besetzt.

Durch die Entlassungen will das Unternehmen seinem zuvor angekündigten Ziel näherkommen, 800 Millionen Euro jährlich einzusparen. Zudem soll die Geschwindigkeit im Konzern zunehmen: "Eine Innovation, die zu spät kommt, ist keine Innovation", hatte van Houten kürzlich betont. Das sehen Beobachter genauso: "Mir fehlen die Neuheiten", sagte Marco Günther, Analyst bei der Haspa. Tatsächlich waren bei Philips die Kosten und der Erfolg am Markt zuletzt auseinandergedriftet. Im dritten Quartal schmolz der Gewinn um 86 Prozent auf 74 Millionen Euro wie unter einer Infrarotlampe zusammen. Weil Börsianer einen noch stärkeren Rückgang des Gewinns befürchtet hatten, hielt sich die stark gebeutelte Philips-Aktie gestern stabil.

Vor allem der Konjunkturabschwung in Europa, gestiegene Materialkosten und Belastungen aus dem Konzernumbau machen Philips zu schaffen. Erst vor zwei Jahren hatte das Unternehmen ein Sparprogramm mit dem Abbau von 6000 Stellen aufgelegt. Dann belasteten hohe Abschreibungen auf Zukäufe in der Lichttechnik das Ergebnis. Als einer der großen Medizintechnikhersteller bekommt Philips zudem staatliche Kürzungen im Gesundheitsbereich zu spüren. Van Houten versucht nun gegenzusteuern, indem er zahlreiche Spitzenkräfte austauscht wie alte Glühbirnen.

In Hamburg steht nach wie vor Andreas Wente als Deutschland-Chef auf der Gehaltsliste der Niederländer - und verantwortet hier in erster Linie die Entwicklung und den Vertrieb der Medizintechnik und den Verkauf von Beleuchtungssystemen. Das Lichtgeschäft leitet Wente sogar weltweit. Hier ist der Konzern, der 1891 als Hersteller von Kohlefadenglühlampen gegründet wurde, Marktführer. Die margenschwache Konsumelektronik, bei der Philips als Europas größter Hersteller gilt, kämpft dagegen hauptsächlich von den Niederlanden aus gegen asiatische Konkurrenz.

Zum größten Sorgenkind im Konzern hat sich dabei das TV-Geschäft entwickelt. Seit 2007 häufte es Verluste von fast einer Milliarde Euro an. Vor allem günstigere Konkurrenz wie die südkoreanischen Rivalen Samsung und LG setzt den Niederländern zu. Deswegen will sich Philips auch von dem Bereich trennen. Die Gespräche mit dem chinesischen Hersteller TPV kommen aber nicht so recht voran. Van Houten deutete sogar an, er müsse womöglich Alternativen zu dem Verkauf ausloten.