Der bisherige Vorstandsvorsitzende Hartmut Ostrowski wechselt überraschend in den Aufsichtsrat des Medienkonzerns

Hamburg. Hartmut Ostrowski, Vorstandsvorsitzender des größten europäischen Medienkonzerns Bertelsmann, wechselt überraschend zum Jahresende in den Aufsichtsrat des Unternehmens. Neuer Konzernchef wird der bisherige Finanzvorstand Thomas Rabe. Zu Bertelsmann gehört das Hamburger Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr ("Stern", "Geo"), das auch eine Sperrminorität am "Spiegel" hält.

Überraschend kommt der Wachwechsel, weil Bertelsmann unter Ostrowskis Führung wirtschaftlich grundsolide dasteht: 2010 stieg der Umsatz um gut drei Prozent auf 15,8 Milliarden Euro. Die operative Rendite lag bei 11,7 Prozent. Zudem ist der 53-jährige Ostrowski erst seit 2008 im Amt. Sein Vertrag wäre Ende 2012 ausgelaufen.

Offiziell geht der Bertelsmann-Chef aus "persönlichen Gründen". Der Wechsel erfolge "freundschaftlich und einvernehmlich". Diese Darstellung des Unternehmens wird in Branchenkreisen bezweifelt. Ostrowskis Nachfolger Rabe gilt schon seit Längerem als Kandidat für Höheres: 2008 wollte er an die Spitze der ProSieben Sat.1 Media AG wechseln. Bertelsmann ließ ihn aber nicht ziehen. Ein Jahr später war er beim Mischkonzern Haniel im Gespräch als neuer Vorstandsvorsitzender. Durch eine Indiskretion wurde dies vor der Zeit bekannt.

Bei Bertelsmann war man von den Wechselspielen wenig erbaut. "Der überehrgeizige Finanzchef Thomas Rabe hat sich im Vorstand isoliert", schrieb das "Manager Magazin", das einen guten Draht zu Ostrowski hat. "Nun soll er weg." Zu einem Dementi und einer Ehrenrettung Rabes konnte sich der Medienkonzern nicht durchringen.

Jetzt ist es ganz anders gekommen - auf Kosten von Ostrowski, der als bodenständiger Ostwestfale gilt und Englisch nur mit stark deutschem Akzent spricht. Rabe, der fünf Sprachen beherrscht, ist von anderem Kaliber. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler schmiedete 2000 aus der luxemburgischen CLT sowie den TV-Beteiligungen von Bertelsmann und der britischen Pearson Group die RTL Group.

2006 wurde er Finanzvorstand von Bertelsmann. Als größte Leistung des heute 46-Jährigen gilt die Finanzierung des von der Unternehmerfamilie Mohn gewünschten Rückkaufs eines 25,1-Prozent-Anteils eines belgischen Finanzinvestors. Um den Kaufpreis von 4,5 Milliarden Euro zu stemmen, musste sich Bertelsmann hoch verschulden, ist dank Rabes Geschick nun aber wieder nahezu schuldenfrei.